Die Geschichte des australischen Seefunks
von  Peter Hewitson, „Darwin Radio“ / VID - Übersetzung von Rolf Marschner  DL9CM

Nach dem tragischen Untergang der „Titanic“ im Jahre 1912 wurde in London eine internationale Konferenz zum Schutze des menschlichen Lebens auf See einberufen. Vertreter von 16 Nationen unterzeichneten ein Dokument, in dem sie sich verpflichteten, mit einem Bündel einheitlicher Maßnahmen, das Leben der Seefahrer zu schützen. Bekannt wurde dieses Dokument unter dem Namen „Konferenz zum Schutze des menschlichen Lebens auf See“, (SOLAS).
Schiffe in bestimmten Kategorien waren jetzt verpflichtet, eine kontinuierliche Funkwache zu gehen, das bedeutete, daß die Reeder ihre Schiffe mit drei Funkern besetzen mußten, es sei denn, sie hatten einen automatischen Alarmempfänger an Bord, der den Empfang des Alarmsignals sicherstellte, wenn die Funkstation nicht besetzt war. Zum Teil waren diese zusätzlichen Funker auch nur sogenannte „Hörmänner“, die ganz speziell auf das Erkennen von Notzeichen ausgebildet waren. Der Alarmempfänger wurde ausgelöst durch das Alarmsignal, das ein Schiff in Not sendete, und alle, auch den Funker an Bord weckte, wenn er nicht auf Wache war.
In Australien hatte die Commonwealth Regierung Regierung 1911 mit dem Aufbau von Küstenfunkstellen begonnen, die erste wurde am 8. Februar 1912 in der Nähe  von Melbourne eröffnet.
Eine zweite ging einige Wochen später in Hobart in Betrieb. Vier weitere Küstenfunkstellen folgten im gleichen Jahr in Brisbane, Adelaide, Sydney und Perth.
Die beiden zuletzt genannten Funkstellen wurden mit 25 kW Telefunken Löschfunkensendern ausgerüstet. 1914, als der Erste Weltkrieg begann, waren insgesamt 19 Küstenfunkstellen in Betrieb. Nach Reihenfolge der Inbetriebnahme waren dies: „Melboune Radio“ / VIM  am 08.12.1912, „Hobart Radio“ / VIH am 30.04.1912, „Sydney Radio“ / VIS am 19.08.1912, "Brisbane Radio“ / VIB am 02.09.1912, „Perth Radio“ / VIP am 30.09.1912, „Adelaide Radio / VIA am 01.10.1912, „Thursday Island Radio“ / VII am 26.02.1913, „Port Moresby Radio“ / VJZ am 26.02.1913, „Mount Gambier Radio“ am 01.03.1913, „Geraldton Radio“ / VIN am 12.05.1913, „Rockhampton Radio“ / VIR am 24.05.1913, „Cooktown Radio“ am 12.06.1913, „Esperance Radio“ / VIE am 21.07.1913, „Townsville Radio“ / VIT am 07.08.1913, „Broome Radio“ / VIO am 18.08.1913, „Darvin Radio“/VID am 25.09.1913, „Flinders Island Radio“ am 08.10.1913, „Roebourne Radio“ am 26.01.1914 und „Wyndham Radio“ / VIW am 18.05.1914.
Die Kommunikation wurde hauptsächlich in Morsetelegraphie auf der Frequenz 500 kHz abgewickelt. Nach dem Ersten Weltkrieg und in den zwanziger Jahren verbesserte man die Ausrüstung, d.h. man ersetzte die Löschfunkensender und Kristalldetektoren durch moderne Röhrengeräte. Mit den Kurzwellensendern, die auch schon für Funktelefonie einsetzbar waren, konnte die Reichweite erheblich erweitert werden.
Hier eine XXX-Meldung sowie eine Windwarnung von „Perth Radio“ / VIP, aufgenommen am 12. und 13.01. 1998 jeweils um 1200 UTC auf 17161 kHz.

xxx xxx xxx cq cq cq de vip vip vip
fm rcc australia 120946z jan 98
marsar 98/0028.
indian ocean southern part chart aus 4070 =
10 metre sloop abacus white hull, blue spray dodger, with solo yachtsman enroute durban fremantle, in heavy weather in position 30 07 s 102 32 e at 120730 utc experiencing battery charging difficulties. crewman is blind and heavily reliant on electronic aids. communications vhf channel 16. vessels able to assist report to this station or telex 7162025. +
perth radio/vip +
ttt ttt ttt cq cq de vip vip =
gale warning issued by bureau of meteorology perth at 131000z. at 0600z weak cold front near 34s 115e 38s 123e 42s 126e 45s 123e to two lows 978 hpa near 41s 113e and 45s 112e moving ese 35 kn. second front near 34s 075e 41s 091s 47s 097e to low 973 hpa near 48s 093e moving ene 35 kn. area affected, south of line 48s 080e 39s 089e 40s 098e 42s 106e 37s 112e 37s 122e 43s 129e moving east 30 kn. sw/nw winds 30/40 kn tending clockwise within 300 nm of lows very rough seas heavy swell =
whr perth +

Der Morsetelegrafiedienst der australischen Küstenfunkstellen wurde am 31. Januar 1999 um 2359 UTC eingestellt. Die letzte Aussendung, von „Melbourne Radio“ getastet, wurde gleichzeitig über die Sender von „Sydney Radio“ und  „Townsville Radio“ übertragen. „Perth Radio“ tastete gleichzeitig auch den Sender von „Darwin Radio“.

Die letzte Aussendung der KüFuSt VIM / VIT / VIS
cq cq cq de vim/vis/vit. this is the final morse transmission from the telstra marine communications network. we conclude our final cw watch keeping after 87 years of continuous service with pride and sadness. telstra, the australian maritime safety authority and the bureau of meteorology wish all seafarers fair winds and following seas. on behalf of the countless souls who would have died but for them, we salute all who have served our profession with skill and dedication through the years.
73s. = 31st january 1999 2359 utc .-.-. ...-.-
„Darwin Radio“ / VID,   QTH 12.26 S 130.50 E 
ging am 25. September 1913 von einem Platz in Betrieb, auch bekannt unter dem Namen „Frogs Hollow“, auf dem heute das Casino steht. Während des Zweiten Weltkriegs, als die Japaner Darwin bombardierten, wurde auch die Station getroffen. Sie überlebte und setzte ihren Dienst fort, bis sie 1952 an ihren jetzigen Standort in Parap verlegt wurde. Weihnachten 1974 zog ein mächtiger Taifun über Darwin hinweg, der die gesamte Stadt zerstörte. Die Station überlebte, sie war jedoch eine Woche nicht in der Luft weil alle Antennen heruntergerissen worden waren.
.. die letzte Aussendung
„Darwin Radio“ / VID stellte für viele Jahre den „Outpost Radio Service“ als „VJY“ zu den große Viehfarmen im Innern Australiens sowie zu den Fernsteuerungsanlagen in den nördlichen Gebieten des Landes und Queensland her. Da es keine Telefonnetze in diesen Gebieten gab, mußte der ganze Verkehr über Funk abgewickelt werden. Anfang der 70er Jahre übernahm die Post diesen Verkehr, heute wird er über Satelliten geführt.
„Darwin Radio“/VID war einst eine der meistbeschäftigsten Stationen und besetzt mit einer 10köpfigen Besatzung. 1999 wurden die Funker abgezogen. Heute wird die Station, ferngesteuert für den GMDSS-Dienst von „Perth Radio“ / VIP, und von „Brisbane Radio“ für den Rad- und Seaphone service, betrieben.
„Darvin Radio“ / VID bietet heute noch folgende Dienste an:
24 hour monitoring of all HF voice distress frequencies (remote from „Perth Radio“ / VIP)
Scheduled broadcast of weather forecasts and nav wngs
Free medical advice to ships at sea
Reception of AUSREP reports on behalf of AMSA
24 hour Radphone and Seaphone service via „Brisbane Radio“ / VIB
„Sydney Radio“ / VIS     QTH 33.59 S 151.14 E
1912 bei Pennant Hills eröffnet, war für viele Jahre mit seinen KW-Sendern die einzige Funkstelle für den Weitverkehr. 1927, am 8. Februar, verlegte man die Betriebsstelle nach La Perousa, von wo aus sie weiterhin die bedeutendste Kurzwellen-Funkstelle blieb. 1956 errichtete man in Doonside eine neue, von La Perousa fernbediente Sendestelle. Zusätzlich nahm man im gleichen Jahr in Bringelly eine neue Empfangsfunkstelle in Betrieb. Beide Einrichtungen arbeiteten zufriedenstellend bis zur Reorganisation der Küstenfunkstellen in Australien in den 90er Jahren. Man schloß die Küstenfunkstelle und verlegte die technischen Einrichtungen nach „Brisbane Radio“. „Sydney Radio“ war die Haupttelegrafiestation mit über 65 Mitarbeitern und unterhielt außerdem einen automatischen Telexbetrieb, bis dieser im Jahre 1992 nach „Perth Radio“ verlegt wurde.
Heute ist „Sydney Radio“/VIS unbesetzt und wird ferngesteuert von „Brisbane Radio“ / VIP betrieben. UKW-Stationen in Waverley (Sydney), Newcastle und Nowra, und GMDSS-Einrichtungen auf 2182, 4125 und 6215 kHz sind eingerichtet. Der KW-Radphone-Dienst wird heute vom „Brisbane Communications Center“ in Ningi betrieben. Der alte Name „Sydney Radio“ wird weiter verwendet, denn er ist weithin bekannt und anerkannt in der ganzen Welt.
Abschaltung der Sender bei „Sydney Radio“ / VIS
Peter Hewitson (li.)

„Sydney Radio“ / VIS bietet folgende Dienste an:
24 hour monitoring HF voice distress frequenvies
Scheduled broadcasts of weather forecasts and nav wngs
Free medical advice to ships at sea via radio
Reception of AUSREP reports on behalf of AMSA
24 hour Radphone and Seaphone service via „Brisbane Radio“ / VIB

Das Brisbane Communications Centre     QTH 27.04 S 153.03 E
liegt ungefähr eine Autostunde nördlich von Brisbane in Queensland. Das Stationsgebäude, früher die Heimat von „Brisbane Radio“ / VIB, ist beträchtlich erweitert worden um die zusätzlichen Dienste die es anbietet aufzunehmen. In seiner neuen Rolle als Fernsteuerungszentrum für die Ostküste beherbergt es den nationalen Radphone Service, den GMDSS-Dienst für die Ostküste, das nationale VHF-Seaphone System, das Customer Service Center, und das öffentliche global satellite telephone system, „AMSA“. In der Abteilung für den Funkdienst arbeiten 14 Funkoffiziere. Ein 24-Stunden-Dienst wird durch 12stündigen Schichtdienst gewährleistet. Unter der Leitung von AMSA, der Australian Maritime Safety Authority wird die Sicherheit menschlichen Lebens auf See sichergestellt.
Dienste die heute angeboten werden sind:
Full HF Digital Selective Calling (DSC) servce
Narrow Band Direct Printing (NBDP) service
24 hour monitoring of all HF voice distress frequencies
Scheduled broadcasts of weather forecasts and nav wngs
Free medical avice to ships at sea via Inmarsat and radio
Reception of AUSREP reports on behalf of AMSA
24 hour national Radphone and national Seaphone service

„Townsville Radio“ / VIT     QTH 19.12 S 146.46 E
ist seit dem 7. August 1913 in Betrieb und stellt einen Küstenwachdienst für Schiffe sicher, die sich am Great Barrier Reef und im östlichen Golf von Carpentaria befinden. Ungefähr 20 Autominuten vom Zentrum von Townsville entfernt am Küstenrand von Carpentaria gelegen, stellte diese Funkstelle ihren bemannten Dienst im Juni 1997 ein. Die Empfänger und Sender sind jedoch hier verblieben und werden von einem in der Nähe wohnenden Techniker gewartet. Signale, von dieser Station gesendet oder empfangen, werden jetzt über Landleitungen von einem Operator des Brisbane Communications Center übertragen. Der Radphonedienst für Queensland wird jetzt direkt über das BCC geführt.
Dienste die z.Zt. angeboten werden:
24 hour monitoring of all HF voice distress requencies (remote from „Brisbane Radio“ / VIB)
Scheduled broadcasts of weather forecasts and vav wngs
Free medical advice to ships at sea
Reception of AUSREP reports on behalf of AMSA
24 hour seaphone service via „Brisbane Radio“ / VIB

„Melbourne Radio“ / VIM    QTH 28.28 S 144.55 E
war die erste Station, die mit dem Funkdienst von Melbourne aus am 8. Februar 1912 begann. Die Station, ausgerüstet mit einem 25 kW Löschfunkensender, arbeitete auf der Frequenz 500 kHz. 1966 wurde die Betriebsstelle in ein neues Gebäude nach Cape Schank verlegt, von wo sie heute noch arbeitet um einen Sicherheitsdienst für die Bass Straße und die Küstengewässer von Tasmanien zu gewährleisten.
Dienste, die noch heute von Melbourne Radio“ / VIM wahrgenommen werden:
24 hour monitoring of all HF voice distress frequencies
Scheduled broadcasts of weather forecasts and navigational warnings
Free medical advice to ships at sea via radio or Inmarsat
Reception of AUSREP reports on behalf of AMSA
24 hour Radphone and Seaphone service via „Brisbane Radio“ / VIB

„Perth Radio“ / VIP   QTH 31.48 S 115.53 E
ging im September 1912 in Applecross nahe Fremantle mit dem Rufzeichen POP in Betrieb. Später erhielt es das Rufzeichen VIP. Diese Station arbeitete mehr als 50 Jahre und wurde 1967 geschlossen. In dem Gebäude erhielt das „Wireless Hill Telecommunications Museum“ eine neue Unterkunft. Nach der Schließung in Applecross wurden die Dienste nach Bassandean verlegt, bis sie 1978 in der Gnangara Station, wenige Kilometer nördlich von Perth, eine neue Heimat fanden. Von hier aus bediente man auch über eine Fernsteuerung „Geraldton Radio“ / VIN. „Perth Radio“ war bis zur Schließung im Februar 1999, die größte Morsestation  überhaupt. Ein automatischer Telexdienst wird von Globe Wireless mit den verbliebenen Einrichtungen von „Perth Radio“ weiterbetrieben. Heute werden die Sender und Empfänger des GMDSS-Systems von Funkern bedient, außerdem wird „Darwin Radio“ von hier aus ferngesteuert. Die Sender und Empfänger des Radphone-Systems die noch in Perth stehen, werden jetzt vom Brisbane Communications Center in Ningi, Queensland, bedient.
Folgende Dienste werden heute noch von „Perth Radio“ / VIP angeboten:
Full HF Digital Selective Calling (DSC) service
Narrow Band Direct Printing (NBDP) service
24 hours monitoring of all HF voice distress frequencies
Scheduled broadcasts of weather forecasts and navigational warnings
Free Medical advice to ships at sea via radio
Reception of AUSREP reports on behalf of AMSA
24 hour Radphone and Seaphone service via „Brisbane Radio“ / VIB
Die technische Ausrüstung:
Im technischen Gebäude des Ningi-Komplexes, sind 10kW-Marconi-Sender für das Radphone-System, sowie mehrere 1kW-AWA-Sender für den GMDSS und DSC-Dienst untergebracht. Zusätzlich befinden sich hier eine Einrichtung der Firma Codan für den „Radphone Direct Dial“ sowie Arbeitsplätze für den Seefunksprechdienst auf Kurzwellen. Die großen drehbaren logarithmisch-periodischen Antennen werden als Hauptantennen für den Radphonedienst eingesetzt, die kegelförmigen Einzelantennen und Wellendipole dagegen nur bei starkem Verkehr mitbenutzt. 
Die Empfangsstation befindet sich in Bribie Island, einige Autominuten entfernt. Die Empfangsantennen decken einen Bereich von 360 Grad ab und werden ferngesteuert betrieben. Sie bestehen in der Hauptsache aus V-Arrays, Wanderwellendipolen und Kegelantennen.
Jeder GMDSS-Empfänger der Firma „Codan“ ist auf einer Notfrequenz fest abgestimmt. Der Funker kann Antennen schalten zwischen „local“, Ningi, oder ferngesteuert nach Bribie Island um so den bestmöglichsten Empfang zu wählen.
Die Empfänger die für den Radphone-Dienst benutzt werden sind dänische des Typs RX4000. Sie sind voll durchstimmbar, AM, CW, RTTY und SSB sind möglich. Sie werden gesteuert von Mikroprozessoren, können programmiert werden, so daß man sie als Scanner einsetzen kann.
Rohde & Schwarz EK890 Empfänger
Zusätzliche GMDSS- und Radphone-Empfänger sind die Kommunikationsempfänger des Typs EK890 von Rohde & Schwartz. Sie sind ebenfalls voll durchstimmbar, von Mikroprozessoren gesteuert für Scannbetrieb, memories, passband tuning, digital AGC und viele andere Sachen.

Oben links:  Townsville Radio / VIT, Radphone-Arbeitsplatz       Oben rechts: Townsville Radio / VIT, GMDSS-Platz
Alle die hier beschriebenen australischen Küstenfunkstellen sind heute (01jun00) noch in Betrieb, das letzte „Update“ im Internet ist vor 6 Monaten von Peter Hewitson gemacht worden, seitdem hat es keine Änderungen gegeben.

Nachwort:  Die Dienste aller australischen KüFuSt werden 2002 eingestellt. Es wird noch mit "Taupo Maritime Radio" / ZLM verhandelt, eventuell übernehmen die den DSC-Betrieb, alles andere wird aber geschlossen.


Veröffentlichung mit Genehmigung von  Peter Hewitson, „Darwin Radio“/VIDÜbersetzung: Rolf Marschner/DL9CM
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Version 01-Jun-00 / Hbu / Rev.: 15-Aug-06 / 11-Jun-11 / HBu