Einweisung Teil 1 Die Funkstation „Honolulu Radio“/NMO liegt auf einem riesigen Grundstück inmitten von Ananasfeldern auf der Insel Oahu, das der Marine gehört. Neben NMO befindet sich hier auch das Kommunikationszentrum für den zentralen Pazifik der Marine und des Marine Korps. Nebenbei, NMO hatte die größte Richtfunk-Anlage der Welt; von Oahu bis zur Insel Kauai für UKW-Betrieb im Seefunk. Im Betriebsgebäude gab es folgende, von Glas eingeschlossene Arbeitsplätze: 500 kHz CW, KW CW, KW- und UKW-Sprechfunk, Boden-Luft-Verkehr , Funkfernschreib, Einseitigen Funkdienst, Landtelegrafie, und den Platz des Schichtleiters, von dem, so behauptete er, er alle Funker überwachen könne, um sicher zu stellen, daß keiner schlafen würde. Wehe dem armen Funker, der während der Wache beim Schlafen erwischt wurde. Die Küstenwache ist der einzige militärische Dienst, der direkt mit der Öffentlichkeit kommuniziert. Daran mußten wir uns stets erinnern, wenn wir vom Jargon des Militärfunks auf 2182 kHz, der internationalen Anruf- und Notfrequenz im Grenzwellenbereich oder auf Kanal 16, 156.80 MHz, der internationalen Anruf- und Notfrequenz auf UKW zurückkehrten. Der Sprechfunker war sehr beschäftigt, mußte er doch mehr als zwölf Kanäle beobachten; 2182 kHz, die KW-Frequenzen 4, 6, 8, 12 und 16 MHz SSB, und vier abgesetzte Empfänger für den UKW-Kanal 16. NMO hatte abgesetzte UKW-Empfänger auf Kauai, Oahu, Maui und der Hauptinsel. Zusätzlich gab es vier abgesetzte Empfänger für den Kanal 23 und was immer der Chefoperateur befahl zu beobachten. Jeden Tag mußte der Sprechfunker Wetter- und Schiffahrtsberichte auf all diesen Frequenzen aussenden. Die zeitliche Abstimmung war manchmal sehr kritisch, er mußte die Uhr ständig im Auge behalten. Um die Telegrafie auf Kurzwelle zu bedienen, wurden zwei Funker benötigt, jeder Platz hatte vier 651S „Collins“-Empfänger, die im automatischen Suchbetrieb auf den KW-Anrufbändern im 4, 6, 8, 12, 16 und 22 MHz-Band arbeiteten. Während des Tages übernahm der eine Funker das 8- und 12-MHz-Band, der andere 16 und 22 MHz, in der Nacht arbeitete einer auf 4 und 6, der andere auf 8 und 12 MHz. So hatte z.B. einer der Funker 8 MHz auf seinem linken, und 12 MHz auf seinem rechten Ohr, wenn der Empfänger einen vorher eingestellten Bereich innerhalb der oben erwähnten Frequenzen automatisch absuchte. Der Anrufbereich für Schiffe, die eine Küstenfunkstelle riefen, lag zwischen 8360,4 und 8374 kHz. Ein Schiff, das uns rief, mußte, während unser Empfänger suchte, unser Rufzeichen 20 bis 30 Mal geben (nicht im 3 x 3 Format). In dieser Zeit hörte der Funker innerhalb von 1 bis 2 Sekunden von der höchsten zur niedrigsten und wieder zurück zur höchsten Frequenz den Bereich ab, und bemerkte sofort, ob NMO gerufen wurde. Hörte er einen Anruf, dann schaltete er den Scanner ab, stellte die Frequenz des Schiffes ein und nahm die CQ-Schleife weg. Wenn kein Verkehr stattfand, tastete unser Sender ständig diese Schleife: cq cq cq de nmo nmo nmo qru qru? obs amver qss 4 6 8 12 16 22 MHz + Es war die Anzeige für unsere Hörbereitschaft. Der Wechsel auf die Arbeitsfrequenz wurde dann wie folgt eingeleitet: nmo de knfb obs 8360 k knfb de nmo r up up ee ee Ein Schiff gab es selten während dieser Zeit, mit Beginn der OBS-Zeit riefen Dutzende von Schiffen. Alle diese Anrufe wurden während des automatischen Such-Betriebes mit beiden Ohren empfangen, der NMO-Funker mußte sie der Reihe nach annehmen: r 8360 tu wslh ur 2 r 12561 tks 7xym ur nr 3 de 7xym 8370 r up ... jgfd ur 25 ok up 8375 tu Teil
2
Betrat man den Raum der Mittelwelle, fiel einem sofort die 24-Stunden-Uhr auf, die größte, welche die Menschheit je gesehen hat. Sie hat ungewöhnliche rote Markierungen auf ihrem Zifferblatt. Zwei rote Keile, bedecken das Zifferblatt, sie beginnen in der Mitte und verlaufen nach außen, und kennzeichnen besonders die Minuten 15 – 18 und 45 – 48. Offensichtlich sollen sie den Funker an die beiden weltweit geltenden Seenotpausen erinnern. Mehr dazu später! Zusätzlich sind auf jedem der zwölf Fünf-Sekunden-Bereiche rund um das Zifferblatt die ersten vier Sekunden rot markiert, die fünfte Sekunde weiß. Die Reihenfolge war also 4 Sekunden rot, 1 Sekunde weiß, 4 Sekunden rot, eine Sekunde weiß usw. Diese Markierungen waren eine Hilfe für den Funker wenn er selbst das Alarmzeichen aussenden mußte: Taste vier Sekunden gedrückt, 1 Sekunde Tasthebel hoch, vier Sekunden gedrückt, eine Sekunde hoch usw. Das ganze Alarmzeichen dauert also 1 Minute. Mehr zum Autoalarmzeichen in einem späteren Kapitel. Beachtung verlangten auch die beiden 651S-„Collins“-Empfänger am Arbeitsplatz des Funkers. Sie waren übereinander gestellt und der obere Empfänger genau auf 500 kHz, der untere gewöhnlich wenige Hertz daneben abgestimmt, z.B. auf 499,5 kHz. Diese Abstimmung führte dazu, daß keine Signale verloren gingen, wenn jemand unsere Station rief. Der Tonausgang dieser beiden, sowie aller anderen Empfänger und auch der Sender, waren mit einem 12-Spur-Tonbandgerät verbunden. Eine Spur war reserviert für das Zeitsignal von WWVH. Ein zweites 12-Spur-Tonbandgerät diente als Reserve. Die Bänder wurden jeden Tag gewechselt und begannen um 0000 Uhr. Auf einem Paneel neben den beiden „Collins“-Empfängern war eine Drehscheibe, ähnlich wie bei einem Telefon mit vier roten Anzeigen darüber. Wenn die Ziffer 1 gewählt wurde, leuchtete die erste rote Anzeige auf und zeigte an, das unser Mittelwellen-Sender auf 500 kHz im A1-Betrieb abgestimmt war, wählte man die Ziffer 2, leuchtete das zweite rote Lämpchen auf und zeigte an, das unser Sender auf 500 kHz im A2-Betrieb, - tönende Telegrafie - lief. Über A2-Betrieb werde ich später berichten. Wählte man die Ziffer 3, wurde der Empfänger auf die Arbeitsfrequenz von NMO, 440 kHz A1 abgestimmt. Wählte man die Ziffer 4, wurde der Sender im A1-Betrieb auf 512 kHz abgestimmt. Mehr über 512 kHz in einem späteren Kapitel. Ich bin mir nicht sicher, ob dieses nicht gegen die FCC oder ITU-Vorschriften verstieß, aber unser Sender war auf 500 kHz immer auf A2, tönende Telegrafie abgestimmt, wenn ich an der Taste saß. Ich hoffe, es gab da ein Gesetz, das dieser mögliche Verstoß inzwischen verjährt ist. Ich liebte diesen musikalischen Ton, den man im A2-Betrieb produzierte. Seit unsere Sendefunkstelle ungefähr 5 Meilen entfernt auf der 4000 Fuß hohen Spitze der Koolau-Berge stand, empfanden wir die 2-Kanal-Aussendung als angenehm. Rechts neben dem Arbeitstisch des Funkers stand eine Schreibmaschine auf der kontinuierlich das Funktagebuch geschrieben wurde. Auf der Funkerschule wurden wir angehalten, zu versuchen, jedes Signal, das wir auf 500 kHz hörten, niederzuschreiben – ein unmögliches Verlangen, schlimmstenfalls machten wir alle 5 Minuten einen Eintrag sowie es die ITU-Regeln vorsahen. Wurden innerhalb von fünf Minuten keine Signale gehört, was während einer Nacht nie vorkam, dann trug man folgendes ein: no sigs 500 23 beginn silent period 500 2315z end silent period 500 2318z kph kph kph de wnkl wnkl amver 425 k / wnkl de kph r up / up / ee / ee 500 2320z no sigs 500 23 Ebenfalls auf dem Arbeitsplatz des Funkers befand sich eine „Vibroplex“ auf einer aus Chrom bestehenden Platte und eine billige normale Taste. Ich benutze die normale Taste. Der Dienst bei NMO war wie folgt eingeteilt: 12 Stunden Dienst, 12 Stunden frei, 12 Stunden Dienst, 72 Stunden frei. Der Tagesdienst begann um 0700 Uhr und endete um 1900 Uhr, der Nachtdienst begann um 1900 Uhr und endete morgens um 0700 Uhr. Während meiner Freizeit restaurierte ich ein altes hölzernes Segelboot, das gleichzeitig mein Zuhause war. Das ermöglichte es mir, Geld für das Wohnen außerhalb der Basis von der USCG zu empfangen. Was für ein Leben, huh? Keiner auf meiner Wache hatte eine besondere Liebe für den 500-kHz-Platz. „Was für Dummköpfe!“, dachte ich. Ich stellte mich freiwillig für die ganze 12stündige Wache auf 500 kHz zur Verfügung, besonders während der Nachtstunden. Ich liebte diese Frequenz. Ich würde sogar die nächsten drei Jahre meines Lebens an diesem bescheidenen Platz verbringen. Die Dinge, die ich aufnahm verwunderten mich zeitweise, brachten mich so zum Lachen, daß ich fast vom Stuhl fiel, oder dazu, daß ich fast weinend zusammenbrach. Bis heute kann ich den Schiffsfunker nicht vergessen, mit dem ich im Seenotverkehr stand. Er blieb an seiner Taste, während sein Schiff in schwerer See auseinanderbrach. Sein Sender stieß in dem Moment einen Schrei aus, als der Ozean seine Funkstation überflutete und einen Kurzschluß in den Batterien und den Funkgeräten verursachte. Teil
3
Egal ob es nun zufällig oder gewählt war, was man uns gab, war eine Wellenlänge mit einer exzellenten Ausbreitung am Abend. Ungefähr um 2100 lokaler Zeit wurde es lebendig auf der Frequenz 500 kHz. Jede Schiffs- oder Küstenfunkstelle konnte man im Bereich von 3000 bis 4000 Meilen mit einer exzellenten Kombination aus Boden- und Raumwelle hören, nichts in diesem Radius blieb ungehört. Australien und Neuseeland dröhnten nachts herein. Am Tage bestand die Ausbreitung lediglich aus der Bodenwelle, 300 bis 500 Meilen waren als Maximum möglich. Der meiste Tagesverkehr wurde auf der Kurzwelle abgewickelt. Es war eine glänzende Idee eine Notfrequenz und eine Anruffrequenz zu vereinigen. Sie gewährte, daß kein Seenotruf ungehört blieb, andererseits wußte jeder, wo der andere zu finden war. Es war nicht notwendig, verschiedene Frequenzen abzusuchen, um ein einzelnes Schiff oder eine Küstenfunkstelle zu suchen. Das Ergebnis war eine weltweite Gemeinschaft. Selbst wenn man nur ein einzelnes „dit“ sendete, konnte jeder es hören. Da viele Schiffe entweder nur einen oder zwei Funker an Bord hatten, stimmten unsere Aussendungen mit diesen Dienstplänen überein. Küstenfunkstellen sind kontinuierlich 24 Stunden in der Luft. Spät in der Nacht wurde es manchmal für den Funker auf einer Küstenfunkstelle etwas langweilig, und er bekam schwere Augenlider oder Ähnliches. Entweder aus Langeweile oder vielleicht zufällig erklang ein einzelnes „E“ über den Pazifik, beantwortet von einem anderen „E“, vielleicht Tausende von Meilen entfernt. Danach brach die Hölle los, jede Schiffs- oder Küstenfunkstelle, die mit einem Funker besetzt war sendete ein „dit“. Für einige Sekunden, hörte man auf 500 kHz einige Hundert „dit’s“. So schnell wie sie kamen, waren sie wieder verschwunden. Eine Variation dessen war, wenn irgend einer ein einzelnes „ge“ (Guten Abend) sendete. Es war tatsächlich unhöflich, nicht darauf zu antworten, so antwortete also irgend jemand mit „ge“. Spätestens nach einer halben Sekunde überfluteten hunderte von „ge’s“ die Frequenz. Meine Eintragung in das Funktagebuch sah ungefähr so aus: Nach 2100 Uhr Lokalzeit gab es einen ständigen Strom von CW auf 500 kHz. Schiffe riefen Küstenfunkstellen oder andere Schiffe: (making a pest of himself) de ( mit anderen Worten: „Wer zum Teufel ruft mich?“) de knls tr k knls de kok r up 485 k ok 485/480 up ee ee Ein anderes Beispiel: Ein weiteres Beispiel: wnop de xsu ge will give 2100 wx on our 2200 bcst k ok tks om su seeu ee ee Teil 6 beschreibt einen Seenotfall, in dem ein Schiff in schwerer See auseinanderbrach und die gesamte Besatzung mit dem Schiff unterging. Er beschreibt mein QSO mit dem Seefunker bis zum letzten Moment in seinem Leben. Teil 7 enthält die aktuellen Eintragungen eines Abends in mein Funktagebuch. (Fuer Teil II hier klicken) |