Das Doppler Sonar in der Seeschiffahrt (1)
Fotos und Bericht © 2008: Joachim Paul, DJ7WL

Einleitung
Mit dem Doppler-Effekt haben wir im täglichen Leben des öfteren zu tun. Sei es, dass wir zu schnell gefahren sind und uns eine Verkehrsüberwachungsanlage per Doppler-Radar erwischt hat oder, dass in der Klinik die Durchflussleistung unseren Herzen gemessen wird. Darüber hinaus gibt es viele weitere praktische Anwendungen. Wer daran Interesse hat, sollte sollte sich z.B. bei Wikipedia das ganze Spektrum ansehen. Hier wird auch Christian Doppler vorgestellt, der die Gesetzmäßigkeiten erstmalig erkannt und beschrieben hat.
Wie es der Titel aussagt möchte ich mich hier ausschließlich mit der Anwendung des Doppler-Effekts in der Seefahrt in Form von Doppler-Sonar Geräten beschäftigen.

In der Grundform misst ein Single-Axis Doppler Sonar die Geschwindigkeit eines Schiffes über Grund und alternativ auch durch das Wasser. Was ist nun der Vorteil eines Doppler Sonars gegenüber einem  herkömmlichen Schiffslog? 
Es hat in der Seefahrt viele Verfahren gegeben die Fahrt eines Schiffes durch das Wasser zu bestimmen: Relingslog, Schlepplog, Sum log, Handlog, Elektronische Logs, Rohrlogs etc.
Die Grundform der Geschwindigskeitsmessung durch das Wasser ist das Relingslog. Diese Form der Messung wurde während der Werftprobefahrten auf großen Schiffen und ohne Landsicht auch in den 70er Jahren noch häufig benutzt. Hierbei werden an der Reling zwei genau vermessene Punkte angebracht. Einer im Bereich des Vorschiffes und der zweite im Bereich des Achterschiffes. An jedem Punkt steht ein Messgehilfe mit Funkgerät bereit.
Mittels einer Pressluftkanone wird ein Bojenkörper schräg nach vorne abgeschossen. Wenn der Bojenkörper die vordere Marke passiert, ruft der Mann am Funkgerät „Start“. Wenn dann die Boje an der hinteren Markierung angekommen ist, ruft der zweite Mann „Stop“. Die Zeit zwischen den beiden Kommandos wird auf der Brücke am Funkgerät gestoppt und auf die Messstrecke umgerechnet. Danach wird diese Messung mindestens noch einmal auf dem Gegenkurs durchgeführt um die Einflüsse von Wind, Strömung etc. auszugleichen. Nach heutigen Maßstäben ist diese Art von Geschwindigkeitsmessung nicht sehr präzise. Insbesondere, weil die Verträge zwischen der Bauwerft und der Reederei des Probefahrtsschiffes erhebliche Konventionalstrafen vorsehen, wenn die vereinbarte Höchstgeschwindigkeit nicht erreicht wird. Es geht aber nicht nur um die Geschwindigkeit, sondern auch um die Größe von Drehkreisen, Bremswegstrecken nach einem Manöver "Voll Voraus auf Voll Zurück", "Mann über Bord Manöver", "Williamson-Turn" etc.
Um nun alle diese Geschwindigkeitsfahrten und Manöver mit hoher Präzision zu messen und grafisch darzustellen hat die Debeg unter Nutzung eines Meilenmeßsystems auf Decca Basis als Schiedsrichter fungiert. Dazu wurde das Meilenmessgestell zur Probefahrt an Bord gebracht. Bei den verschiedenen Manövern wurden die Messpunkte von Hand notiert und in Tabellen eingetragen. Dazu wurden von einer automatisch arbeitenden Kamera alle Messungen mit Datum und Uhrzeit verbunden aufgezeichnet. Wichtige Messungen, wie z.B. die Höchstgeschwindigkeit, wurden bereits während der Probefahrt ausgewertet und das Ergebnis bekannt gegeben. Andere Messung wie der Bremsweg, die Lage des Schiffes am Ende dieses Manövers, der Drehkreis sowie der Williamson-Turn etc. wurden später an Land ausgewertet, gezeichnet und dann als Dokument auf der Brücke des Schiffes angebracht.

unten:  Decca Meßgestell
unten:  Meilenmeßgestell bei der Aufzeichnung
Für kleinere Schiffe gibt es die Möglichkeit genaue Geschwindigkeitsmessungen anhand von Landmarken durchzuführen. Dabei läuft das Schiff einen Kurs parallel zu den Landmarken. Die Zeit für die Strecke wird gestoppt und auf die Messstrecke umgerechnet. Das funktioniert sehr genau. Solche Messstrecken gibt es an mehreren Stellen in der Bundesrepublik, z.B. an der Elbe oder in der Ostsee vor Eckernförde. Aber große Schiffe wie Supertanker, Containerschiffe etc. können diese Möglichkeit nicht nutzen, weil die Gewässer in Küstennähe zu flach sind und diese Schiffe sich am Meeresboden „festsaugen“ und nicht auf die Höchstgeschwindigkeit kommen.
Alle weiter oben aufgeführten Schiffs-Log Anlagen messen die Geschwindigkeit gegen die umgebende Wassermasse. Zur präzisen Navigation ist aber die Geschwindigkeit über Grund viel wichtiger. Das hat zur Entwicklung von Doppler Sonar Anlagen geführt, welche die Geschwindigkeit über den Meeresgrund messen. Es gibt mehrere Hersteller von Doppler Sonargeräten mit sehr unterschiedlichen technischen Daten. Nachfolgend will ich mich aber auf das von der Debeg in den 70er Jahren eingesetzte Doppler „D“ Sonar System der Firma AMETEK aus San Diego USA beschränken und an einigen Stellen Querverweise zu anderen Systemen geben. 

Genauere Navigation mit Doppler Sonar Anlagen
Man muss die Navigation in den 70er Jahren unter folgenden Gesichtspunkten betrachten: Für die genaue Navigation in Küstennähe wurde das Decca-System genutzt. Aber in vielen Gegenden der Welt gab es keine Decca Ketten. Hier kamen dann Verfahren wie Funkpeilung, Consol, Loran oder Omega zur Anwendung. Z.T. waren diese Verfahren relativ umständlich in der Anwendung weil umfangreiche Korrekturdaten in die Rechnung eingebracht werden mussten. Dazu gab es den Vorläufer des GPS Systems das Transit System. Allerdings erlaubte dieses Verfahren keine permanent genaue Navigation sondern in Abständen von ca. 70 Minuten (abhängig vom Breitengrad der Position) jeweils eine genaue Position, einen sogenannten Fix. Die Zeit bis zum nächsten Fix musste mit Koppelnavigation überbrückt werden. Hierbei kamen nun die Vorzüge der Doppler Sonar Systeme in Kombination mit dem Kreiselkompass zur Geltung.

Das AMETEK Doppler „D“ System

Dieses System lässt sich modular einsetzen. Die Grundversion ist die Single Axis Version welche die Schiffsgeschwindigkeit in der Schiffslängsrichtung misst.
Die Dual Axis Version misst die Geschwindigkeit in der Backbord-Steuerbord Richtung und in der Schiffslängsrichtung.
Ein Docking System ist die Vollversion, die aus zwei Dual Axis Schwingern besteht, von denen einer im Bereich des Vorschiffs, der Zweite im Bereich des Achterschiffs angebracht ist. An beiden Stellen wird also auch die Quergeschwindigkeit gemessen, was für die Darstellung von Drehkreisen von Bedeutung ist. Dazu lässt sich beim Dockingsystem jeweils die vordere oder die hintere Längsgeschwindigkeit auf das Darstellungsdisplay schalten.
Die Janus Konfiguration der Schwingerabstrahlung
Theoretisch könnte man ein Doppler Sonar nach folgendem Schema arbeiten lassen:
Bei einem absolut ruhig in der See liegenden Schiff würde das auch funktionieren. Da aber die Eigenbewegung des Schiffes in die Messung mit eingeht und durch die Eigenbewegung eine Verfälschung des Signals eintritt, funktioniert es so in der Praxis nicht. Stattdessen wird die Abstrahlung und der Empfang des Doppler Signals in der Janus Konfiguration angewendet:
Vereinfacht ausgedrückt funktioniert die Janus Konfiguration wie folgt: Angenommen wir fahren mit unserem Schiff vorwärts. Wir senden entlang der beiden Schenkel der Janus-Konfiguration einen Sendepuls von 300 kHz. Auf dem vorwärts gerichteten Schenkel erhalten wir ein Echo mit höherer Frequenz als die ausgesendeten 300 kHz. Auf dem rückwärts gerichteten Schenkel erhalten wir ein niedrigeres Echo als die ausgesendeten 300 kHz. Diese beiden Werte werden zusammengefasst und für die Anzeige der tatsächlichen Geschwindigkeit über Grund genutzt. Die während dieser Messung aufgetretene Verfälschung des Signal durch die Eigenbewegung ist durch die Nutzung der Janus Konfiguration eleminiert worden. Siehe auch die Erläuterungen des Herstellers im Bild „Janus Konfiguration“. So wie hier beschrieben, handelt es sich um eine Single Axis Version. Um eine Dual Axis Version des Schwingers zu erhalten werden zwei weitere 
Schwingerelemente, um 90 Grad versetzt, mit im vergossenen Schwingergehäuse untergebracht. Für ein Docking System wird jeweils ein Dual Axis Schwingerelement im Vorschiff und eines im Achterschiff installiert. 
Die Schwingerkonstruktion des Doppler Sonar
Eine wichtige Komponente des Doppler Sonars sind die Schwinger. Als Single Axis Version sind zwei Schwingerelemente für die Frequenz 300 kHz enthalten. In der Dual Axis Version kommen zwei weitere Elemente hinzu. Normalerweise ist der Schwingertopf ausgegossen, so dass die einzelnen Elemente und deren Neigung nicht sichtbar sind. Bei einem Besuch des Herstellers in San Diego USA ist es mir gelungen, ein Foto eines offenen Schwingers aus der Erprobungszeit zu machen. Daneben sehen wir das Foto eines vergossenen Schwingers in der Standard Ausführung. (Fotos unten)
Links:  Trainingskurs bei Ametek in San Diego
  Unten links:  Ein offener Schwinger
 unten rechts:  Ein vergossener Standardschwinger
Zu jedem Schwingerelement gehört ein Vorverstärker sowie ein elektronischer Sende-/Empfangs-Umschalter. Es ist ein Thermistor integriert, damit wird die Wassertemperatur ermittelt. Dieser Wert wird in den Rechenvorgang des Gerätes eingebunden. In der militärischen Version wird dazu noch der Salzgehalt des Wassers gemessen, dessen Wert ebenfalls in die Berechnung der Geschwindigkeit eingeht. Durch das Loch in der Mitte des vergossenen Schwingers wird eingedrungene Luft schnellstmöglich abgeführt.
Sehr wichtig ist es, geeignete Einbauplätze für die Schwinger zu finden. Ein Kriterium ist, möglichst keine Luftblasen in der konkaven Oberfläche des Schwingers anzusammeln. Die Werft lässt typischerweise von ihren Schiffen Blasenpläne in einer Schiffsbau-Versuchsanstalt herstellen. Das kann ein Anhalt für einen gut geeigneten Platz sein, aber auch die Erfahrung der Installationsfirma ist sehr wichtig. Durchweg wird man den vorderen Schwinger am Ende des Wulstbugs installieren und den Achteren im vordersten Bereich des Maschinenraums. Eine abgeschlossenen Zelle mit Mannlochdeckel ist die normale Einbauart.

Die Installation per Sea Chest
Nachdem die Einbauorte bestimmt worden sind, kann die Werft mit dem Einbau des sogenannten Sea Chest beginnen. Der untere Teil (Lower Spool) wird bündig mit dem Schiffsboden verschweißt. Der Rest der Konstruktion wird unter Nutzung von Dichtungen verschraubt. Sinn dieser aufwendigen Konstruktion ist, den Schwinger (Trancducer) im Falle eines Fehlers jederzeit wechseln zu können.

Genau oberhalb des Sea Chest muss ein Auge für einen Flaschenzug angebracht werden. Die Abluft im Sea Chest wird per Rohrleitung bis weit oberhalb der äußeren Wasserlinie geführt und bleibt während des Betriebes permanent offen. Um den Schwinger einzusetzen wird die obere Abdeckung entfernt, danach wird diese Abdeckplatte auf das Tragerohr des Transducers aufgeschoben. Die Abdichtung zwischen dem äußeren Seewasser und dem Schiffsinneren wird durch die beiden Abdichtringe (O-Rings) hergestellt. Um den Schwinger im Wasser zu wechseln, muss er per Flaschenzug hochgezogen werden. Danach wird das Valve Gate geschlossen. Bevor man sich entschließt, die obere Abdeckplatte abzunehmen, kann mit dem kleinen Wasserhahn (Pet Cock) geprüft werden, ob der Druck aus dem Sea Chest Gehäuse abgebaut wurde. Erst nach dieser Prüfung sollte die obere Abdeckplatte abgenommen werden.
Die Ausrichtung des Schwingers
Vom Hersteller der Anlage wird eine Ausricht-Toleranz von  +/- 0,5 Grad vorgegeben. Um diese Ausrichtgenauigkeit einzuhalten, muss nach folgender Anleitung vorgegangen werden: Der Point X wird von der Werft im Dock genau vermessen werden und außen am Schiffsboden markiert.
In den Sea Chest wird jetzt das Ausrichtungswerkzeug „Alignment Mandrel“ eingesetzt. Oben und unten an diesem Werkzeug sind zwei Markierungsstriche vorhanden. Das Zielfernrohr aus dem Werkzeugsatz wird unter dem Schiff angesetzt und mit dem Markierungsstrich genau auf den Point X ausgerichtet. Danach wird das Zielfernrohr innen im Schiff auf den „Alignment Mandrel“ aufgesetzt und von der Werft danach ein Nirosta-Schild an der Zellenwand angebracht. An diesem so in das Schiffsinnere transportierten „Point X“ wird der Schwinger danach präzise ausgerichtet und anschließend festgesetzt.

Hopperbagger Johannes Gährs

Nach meinem Kenntnisstand wurde auf dem Hopperbagger "Johannes Gährs" das erste Doppler Sonar auf einem Schiff unter deutscher Flagge eingesetzt. Es handelte sich um ein Single Axis System. Mit Navigation hatte der Einsatz des Gerätes hier primär nichts zu tun. Wie bekannt, ist ein Hopperbagger ein Wasserfahrzeug, welches Baggergut vom Fluss- oder Seeboden per langem Saugrohr aufnimmt, in den Laderaum spült und am Bestimmungsort entweder verklappt oder per Rohrleitung auf ein Gelände spült. Während des Arbeitsvorgangs fährt der Hopperbagger typisch mit ca. 0,5 Knoten vorwärts und legt den Saugkopf am langen Rohrgestänge schräg nach hinten auf den Flussboden auf. Was bei diesem Betrieb auf gar keinen Fall passieren darf, ist, dass der Bagger von Strom, Wind etc. rückwärts getrieben wird, weil das immense Schäden am Saugrohr und am Schiff nach sich ziehen würde. Der primäre Zweck des Doppler Sonars auf diesem Schiff ist es, diesen Fall durch genaue Messung zu verhindern.
Zum 2. Teil des Berichtes

Zum 3. Teil des Berichtes
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Version: 15-Feb-08 / Rev.: 13-Jun-11 / HBu