Indienststellung des Fischdampfers "Johannes Krüss"
Aufsatz von Rolf Marschner, DL9CM über Probefahrt und Vorstellung des Fischdampfers „Johannes Krüss“
in Bremerhaven am 18. Februar 1957.  Vielen Dank an Thomas Kämpf, den Urenkel des Reedereigründers.

Sehr verehrte Probefahrtgäste!
Zunächst möchten wir sie herzlich an Bord unseres diesjährigen Neubaues, des Fischdampfers „Johannes Krüss“, begrüßen und Ihnen danken, daß Sie unserer Einladung Folge geleistet haben. Sie befinden sich auf einem Schiff, bei dem es sich lohnt, nicht nur die technischen Daten usw. anzugeben, sondern auch rückblickend auf die Entwicklung des Fischdampferbaues überhaupt einzugehen, weil dieser Neubau – darauf kann man wohl hinweisen – den letzten Stand der bisherigen Entwicklung im reinen Fangschiff darstellt. In jahrzehntelanger Arbeit haben die Konstrukteure der Werften für die Hochseefischerei einen Schiffstyp geformt, der dem Maximum entspricht, welches in der Größe und unter den althergebrachten Forderungen und Gegebenheiten erreichbar ist. Was später kommt, wird der Übergang zum Fabrikschiff sein, bei dem schon auf See mit der Verarbeitung des Fanges zum Fertigprodukt begonnen wird.

Bei diesem Neubau sind nun alle entscheidenden Voraussetzungen, die an ein neuzeitliches Hochseefischereifahrzeug zu stellen sind, in höchstmöglicher Form erfüllt, nämlich:
1. Schnelligkeit und Schleppvermögen,
2. Fassungsvermögen des Fischraumes,
3. Moderne Unterbringung der Mannschaft und
4. Seetüchtigkeit!
Man kann diese Bedingungen auf verschiedenste Weise erfüllen: als Motorschiff, als kohlenbefeuertes oder ölbeheiztes Dampfmaschinen- oder Turbinenschiff. Wir sind nach reiflichen Erwägungen zu der Überzeugung gekommen, daß eine ölbeheizte Kesselanlage (schnelleres Bunkern, erhöhte Sauberkeit) und eine gekapselte Dreifachexpansions-Dampfmaschine, kompensiert mit der bewährten Abdampfmaschine, System Bauer-Wach, die beste Lösung als Dampfschiff darstellt. Gewiß hat die eine oder andere maschinelle Betriebsart auch manche Reize; aber es spielen auch Faktoren, wie z.B. die Kostenfrage, Lebensdauer, Reparaturen und Ersatzteilbeschaffung, sowie die Bedienungs- und Personalfrage eine erhebliche Rolle. So sind wir also stolz darauf, Ihnen unser neuestes Schiff nun als ölbeheiztes Dampfschiff vorstellen zu können. Es handelt sich dabei um den meistgebauten, erst vor etwa drei Jahren entwickelten, aber inzwischen bewährten Typ der A.G. „Weser“, Werk Seebeck, Bremerhaven.

Von der Werft wurden in dieser kurzen Zeitspanne über zwanzig Einheiten abgeliefert und machen mit den noch vorliegenden Bauaufträgen nahezu 10% der heutigen deutschen Hochseefischereiflotte aus. Es bedarf jedoch der Erwähnung, daß die Werft ständig Verbesserungen vorgenommen hat, und auch bei diesem Neubau konnten unsere eigenen, von Erfahrung getragenen Gedanken und Ansichten in dankenswerter Weise weitgehendst verwirklicht werden. Dieses macht sich sowohl bei den betrieblichen Einrichtungen als auch in der äußeren Ansicht des Schiffes bemerkbar. Es sei uns deshalb gestattet, daß wir zur weiteren Erläuterung etwas eingehender auf die See-Eigenschaften eines Fischdampfers eingehen. Eine große Bedeutung hat das „Ladungsgewicht“, das dieses Schiff in seinem Einsatz zu tragen hat:

Auf der Ausreise: 
etwa 120 to Eis
etwa 220 to Heizöl
etwa 100 to Wasser

etwa 440 to insgesamt

Bei Antritt der Heimreise:
etwa 110 to Eis
etwa 300 to Fische
etwa 50 to Wasser
etwa 80 to Heizöl
etwa 450 to insgesamt
Bei voller Ladung, was allerdings einen erfolgreichen Fischfang voraussetzt, ist demnach die Belastung höher als auf der Ausreise. Hierin liegt zwar kein Problem bezüglich der Tragfähigkeit; sondern darin, daß die Gewichte auf der Heimreise im Vorschiff am langen Hebelarm liegen, weil dort der Fischraum mit einer Last bis zu rund 400 to (Fische und Eis) untergebracht ist. Auf der Ausreise verhält es sich etwa umgekehrt durch die sich mehr im Achterschiff befindlichen, gewichtsmäßig schweren Kessel- und Maschinenanlagen. Sowohl auf der Aus- und Heimreise, als auch beim Fischen, darf das Schiff aber nicht zu weit aus dem Wasser ragen, weil dann die Schraube zu hoch liegt und dadurch das Schiff an Geschwindigkeits- und Manöverierleistung verliert. Ermuntert durch die guten Erfahrungen auf unserem vorjährigen Neubau, dem Motortrawler „J.Hinr. Wilhelms“, erstrebten wir auch für dieses Dampfschiff die bisher vielfach nicht erreichten gleich guten Trimmverhältnisse (Ausgleich der gewichtsmäßig verschiedenartigen Lasten bei Aus- und Heimreise). Dazu kamen weitere Wünsche, so unter anderem „möglichst großes Fisch-Fassungsvermögen“! Der Werft war es vorbehalten, alle schiffbaulichen Möglichkeiten zu erforschen und auszuführen. Wie in obigen Beispielen so wurde auch bei vielen anderen Problemen, dank einer verständnisvollen Zusammenarbeit zwischen Werft und Reederei, überall eine beiderseitig zufriedenstellende Lösung gefunden. Wir müssen nun abwarten, welche Ergebnisse unsere gemeinsam aufgewandten Mühen und Arbeiten in der Praxis bringen. Der Kapitän wird ja schon nach der ersten Reise sein Urteil – meistens in sehr drastischer Form – fällen.
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Gegründet wurde unsere Reederei von dem Vater des jetzigen Reeders, Herrn Carl Kämpf, verstorben 1912, welcher im vorigen Jahrhundert die im Jahre 1864 gegründete Speditionsfirma Müller & Co., als Teilhaber von Herrn Müller, dem Stadtgründer von Nordenham in Oldenburg, leitete. Hieraus ist eine Fischversand- abteilung, die jetzige – wohl eine der ältesten – Seefischgroßhandlung Müller & Co., hervorgegangen, die sich noch heute im Besitz der Familie Kämpf befindet. Nach dem ersten Weltkrieg wurden u.a. Herr J. Hinr. Wilhelms, verstorben 1935, und Herr Johannes Krüss unsere Mitreeder, woraus sich eine erfolgreiche Zusammenarbeit entwickelte, in deren Verlauf manches Schiff in Dienst gestellt wurde. Der jetzige Neubau wurde benannt nach unserem Beiratsmitglied, Herrn Johannes Krüss, Mitgründer, Mitinhaber, Gesellschafter und Seniorchef der Häuser J. Hinr. Wilhelms, Fischmehl- und Fischölfabriken in Bremerhaven – Bremen, Kiel und Lübeck.
Johannes Krüss
Carl Johann Christian Kämpf der Gründer der Reederei
Seit zwei Jahrzehnten arbeitet Herr Krüss als Beiratsmitglied aktiv an der Entwicklung unserer Reederei. Gerade die Neuerungen sind immer sein besonderes Anliegen gewesen, und wir freuen uns, daß mit der Namensgebung bei unserem diesjährigen Neubau diese rege Mitarbeit auch sichtbar ihren anerkennenden Ausdruck findet. Zur anschaulichen Herausstellung der Entwicklung des Schiffbaues in unserer Reederei, woraus gleichermaßen die deutsche Hochseefischereientwicklung zu ersehen ist, haben wir einige besonders markante Trawler aus den bisher bereederten 34 Schiffen herausgegriffen und in nachfolgender Tabelle zusammengestellt.
Names des
Fischdampfers
Bau-
jahr
BRT Länge Breite Tiefgang
PS
Fassungsvermögen
in Korb (Zentner)
Delphin 1889 127 30,30 6,35
2,91
250
550
Ludwig Sanders 1919 249 38,80 7,17
2,97
410
2000
Else Wilhelms 1922 283 42,88 7,40
3,56
500
2200
Carl Kämpf 1924 277 40,77 7,39
4,69
520
2400
Auguste Kämpf 1930 385 45,28 7,68
3,81
750
3000
J.Hinr. Wilhelms 1934 440 48,33 8,04
3,79
800
3400
Gertrud Kämpf 1938 471 50,85 8,04
3,96
800
4000
Carl Kämpf 1940 600 55,00 8,64
4,15
1000
5000
Auguste Kämpf 1949 394 43,82 8,04
4,12
600
3000
Heinrich Bueren 1950 589 53,77 8,84
4,37
875
5000
J.Hinr. Wilhelms 1955 614 53,50 8,80
5,05
1000
6600
Johannes Krüss 1956 650 56,00 9,15
5,00
1250
6300
Vorstehende Übersicht zeigt die gewaltige Entwicklung der deutschen Hochseefischerei vom kleinen Fischereifahrzeug, das nur in der Nordsee fischte und mit seiner Maschinenleistung von 250 PS – 550 Korb = Ztr. Fisch fangen mußte – es waren damals allerdings hauptsächlich Steinbutt und Seezungen, auf die Jagd gemacht wurde – bis zu dem jetzigen modernen Fischdampfer „Johannes Krüss“ mit einer Maschinenstärke von 1250 PS und einem Fassungsvermögen von 6300 Korb (=Ztr.) Fisch.
Von Anbeginn des Hochseefischdampferbaus wurden diese Schiffe stets stabil, solide und mit einer zur Größe des Schiffskörpers außergewöhnlich groben Maschinenstärke als seegehende Arbeitsschiffe gebaut. So war es nicht verwunderlich, daß auch außerhalb der Bestimmung zum Fischfang andere, mit der Seeschiffahrt zusammenhängende Leistungen vollbracht wurden. Der Fischdampfer „Delphin“ schleppte im Jahre 1898 die schwedische Dreimastbark „Arkador“  ein, die von der Mannschaft verlassen und schwer beschädigt hilflos in der Nordsee treibend aufgebracht wurde. Die Reederei war nicht wenig erstaunt, durch den „doppelt guten“ Fang der „Delphin“ plötzlich im Besitz eines Segelschiffes zu sein. 
Der Fischdampfer „Johannes Krüss“ mit einer Länge von 56.00 m ist das größte bisher von uns gebaute Schiff; obwohl wir bereits 1940 mit dem Fischdampfer „Carl Kämpf“ den Sprung nach 55.00 m Länge gemacht hatten. Leider ist der Fischdampfer „Carl Kämpf“ seinerzeit nicht mehr zum Fischfang ausgelaufen, sondern gleich von der Marine in Charter genommen worden, so daß wir seltsamerweise damals für kurze Zeit rechtlich ein Kriegsschiff in unserer Flotte hatten.

Da vom Heimathafen Bremerhaven immer entfernter liegende Fischgründe aufgesucht werden müssen, kam es darauf an, mit dem Fischdampfer „Johannes Krüss“ ein besonders hierauf abgestelltes leistungsstarkes Schiff zu bauen. Bei einem Fassungsvermögen der Öltanks von 220 to und einem Verbrauch von etwa 7 to Heizöl pro Tag kann das Schiff rund 30 Tage auf See bleiben. Bei einer durchschnittlichen Marschgeschwindigkeit von 13 sm in der Stunde werden demnach täglich 312 sm zurückgelegt. Der am weitesten entfernt liegende Fischplatz ist das Gebiet von Godthaab an der Westküste Grönlands, 2150 sm von Bremerhaven entfernt. In rund 7 Tagen, je nach den Eisverhältnissen beim Kap Farewell an der Südspitze Grönlands, kann dieser Fischplatz aufgesucht werden. 10 Tage stehen dann zum Fischen zur Verfügung und 7 Tage für die Heimreise, so daß bei einer 24tägigen Reise der Ölbedarf ausreichend gut gedeckt ist. Es kann aber sein, daß in der Zukunft auch die Fischgründe bei Neufundland aufzusuchen sind, so daß diese heute fast nur von Amerikanern, Spaniern und Portugiesen befischten entfernteren Fangplätze ohne weiteres erreicht werden. Für den Fall, daß bei einer sofortigen Verarbeitung des Fanges an Bord zu Salzfisch die Reise auf 40 Tage ausgedehnt werden muß, besteht an der Westküste Grönlands in Faeringhavn die Möglichkeit zum schnellen Nachbunkern des Heizöles in dem dortigen Bunkerdepot.

Die nachfolgende Zeichnung soll Ihnen einen Begriff von den Entfernungen zu den einzelnen Fangplätzen geben.

Von weit her muß der Fisch geholt werden. 
Entfernungskarte zu den einzelnen Fangplätzen.
Bei den am weitesten entfernten, Neufundland und Grönland, ist bei den Frischfischreisen also das Gebot, große Tagesfänge zu haben, ums möglichst schnell die Heimreise wieder antreten zu können. Diese Fischplätze können demnach nur in Zeiten der Schwemme, also beim Auftreten großer Fischschwärme, aufgesucht werden.

Das Herz eines Fischereifahrzeuges ist die Maschinenanlage! Die erste Voraussetzung bei einem Dampfschiff wie bei diesem Neubau, ist ein leistungsfähiger, betriebssicherer Kessel. Es wurde ein „Capuskessel“ eingebaut, der eine Zwischenstufe zwischen dem Dreiflammrohrkessel und dem Wasserrohrkessel darstellt. Diese Bauart verspricht eine sehr rationelle Dampferzeugung, dazu eine lange Lebensdauer und hat außerdem ein verhältnismäßig geringes Gewicht.  Die Heizfläche beträgt 225 qm. In Verbindung mit der Ölfeuerung ist eine sehr moderne Dampfanlage geschaffen. Bei der Maschine handelt es sich, wie bereits erwähnt, um eine Dreifachexpansions-Heißdampfmaschine, gekapselt, mit Druckschmierung und Stevenson-Kulissensteuerung mit nachgeschalteter Abdampfturbine.

Die Zylinder-Abmessungen sind: Hochdruckzylinder  410 mm, Mitteldruckzylinder  650  mm, Niederdruckzylinder  1050  mm, Kolbenhub    660  mm. Die Abdampfturbine ist die Type 2,4. Bei 130 Umdrehungen in der Minute leistet die Dampfmaschine zusammen mit der Abdampfturbine 1250 PS. Normalleistung 1000 PS bei 120 Umdrehungen. Zwei Lichtmaschinen versorgen das Bordnetz mit einer Spannung von 110 Volt. Die eine Lichtmaschine ist als E-Dampfkolbenaggregat mit einer Leistung von 35 kW und die zweite als luftgekühltes Dieselaggregat mit einer Leistung von 32 kW gebaut.
Der Fischraum hat ein Fassungsvermögen von 6300 Korb (=Ztr.) und zwar zur weiteren Verbesserung der Fischqualität eine vollständige Auskleidung mit Leguval-Platten. Diese Auskleidung mit nicht saugfähigem Material bietet die Gewähr für größte Reinlichkeit und gutes Säubern. Die Bakterien können nicht wie bei den Holzauskleidungen in das Material eindringen und sich festsetzen. Erstmalig sind auch die Hockenwände mit Leguval überzogen worden und ebenfalls versuchsweise – für etwa 1000 Korb Fische – die Vorsetz- und Abbortschotten. Um den Schmelzverlust des Eises und die Wärmeeinstrahlung vom Deck her zu vermindern, ist eine Deckenkühlanlage von 2700 kcal/std. eingebaut. Ein Fernthermometer zeigt dem Kapitän auf der Brücke ständig die Temperatur des Fischraumes an. Drei große Fischraumluken und ein kleineres Luk vor dem Mast gewährleisten ein zügiges Verarbeiten des Fanges auf See und bieten die Möglichkeit, das Löschen im Heimathafen schneller als bisher durchzuführen, so daß der Löschbeginn in die späteren Abendstunden verlegt werden kann. Der Fisch steht somit wesentlich kürzere Zeit in der Auktionshalle, wodurch eine Verbesserung der Qualität erreicht wird.
Die Navigationseinrichtung auf der Brücke hat eine reichliche Ausstattung mit allen neuzeitlichen Geräten erfahren, die der Schiffsführung ermöglicht, nicht nur die schwierige Navigation durchzuführen, sondern auch das Auffinden der Fischgründe zu erleichtern. Ein Decca-Radar-Gerät soll die Fahrt bei unsichtigen Wetterverhältnissen und bei Eisgefahr unter Grönland ermöglichen. Ein Loran-Gerät (Long Range Navigation) bietet die Möglichkeit der Ortsbestimmung gerade in den Gebieten um Grönland und den noch weiter entfernten Fanggebieten. Es arbeitet nach dem Hyperbelverfahren, ausgestrahlt von amerikanischen arktischen Sendestationen. Das Schreiberlot stellt eine Neukonstruktion dar und zeigt den Meeresboden und die Fischschwärme auch in großen Tiefen bis zu 500 m graphisch fortlaufend an. Ein zweites Lot in bisher üblicher Ausführung ist zusätzlich vorhanden. Kreiselkompaß und Funkpeiler sowie eine Funkstation für Grenzwellen- und Kurzwellenverbindung auf größte Entfernungen ist an Bord. Und zuguterletzt ist eine Gegensprechanlage, verbunden mit Radioübertragung vom Funkraum für alle Räume, installiert, die es dem Kapitän von der Brücke aus ermöglicht, mit seinen Besatzungsmitgliedern während des Fischfanges, auch bei schwersten Wetter, unmittelbar in Verbindung zu treten.
Die Unterbringung für Kapitän, Offiziere und Mannschaft ist nach den modernsten Grundsätzen durchgeführt. Die Wohnräume und Gänge haben einen Fußbodenbelag mit Semastic-Platten auf Steinholzunterlage. Die Verbindung zwischen Brücke und der gesamten im Achterschiff untergebrachten Besatzung ist durch einen Betriebsgang hergestellt, so daß beim Hin- und Zurückdampfen zum und vom Fischplatz normalerweise kein Mann der Besatzung das offene Deck zu betreten braucht. Der Schornstein hat eine nach aerodynamischen Grundsätzen gestaltete Form, wodurch schon äußerlich erkennbar, daß das Schiff nach allen neuzeitlichen Gesichtspunkten gebaut wurde. Zugleich ist mit diesem modernen Schornstein ein geräumiger, sehr nützlicher Trockenraum für nasse Seekleidung geschaffen worden und konnte ferner eine von der Brücke innerlich erreichbare Toilettenanlage und Duschraum untergebracht werden. Auf der Probefahrt wird Ihnen ein Gerät vorgeführt, das eine erhöhte Sicherheit für die Mannschaft geben soll. Das Leinenschießgerät „Mann über Bord“ gibt dem Kapitän die Möglichkeit, von der Brücke aus sofort eine Leine zu einem über Bord gespülten Besatzungsmitglied zu schießen. Der Rettungsring kann in den meisten Fällen nicht von der Hand aus soweit geschleudert werden, um dem Verunglückten sofortige Hilfe zu geben. Beim Leinenschießgerät kann der Seemann sich an der Leine oder an der Boje festhalten und es können dann weitere Rettungsmanöver vom Schiff aus eingeleitet werden.

Viele Leser dieses Berichtes werden erstaunt sein, mit welchen zahlreichen maschinellen Einrichtungen ein moderner Hochseefischdampfer wie dieser Neubau ausgestattet sein muß, um Reeder, Kapitän und Mannschaft zu einem erfolgreichen Fischfang zu verhelfen; und man wird jetzt verstehen, daß mit der gleichen Bausumme ein um das Mehrfache größeres Handelsschiff erstellt werden kann.
Ein moderner Hochseefischdampfer ist eben ein Arbeitsschiff im wahrsten Sinne des Wortes – ein seetüchtiges Schiff, vollgepropft mit Spezialmaschinen und Geräten aller Art – für den bei jedem Wind und Wetter durchzuführenden Fischfang!

So geben wir uns der Hoffnung hin, daß dieser Fischdampfer „Johannes Krüss“ alle Erwartungen, die in ihn gesetzt werden, erfüllt und uns reichlich den Segen des Meeres heranbringt.

Der Taufspruch, gehalten beim Stapellauf am 25. Juni 1956 von der Taufpatin, Frau Friedel Krüss, der Gattin des Namengebers unseres Schiffes, enthält in so sinnvoller Weise alle unsere Gedanken, daß wir Ihnen denselben wiedergeben:

Taufspruch
„Durch Gottes und von Menschen Hand erbaut,
wird heut‘ dies Schiff dem Meere anvertraut.
Für alle, die wir hier im Lande leben,
soll es uns bringen des Meeres Segen.
Den Männern hier für Arbeit und für Fleiß
sei Dank und größter Preis . . . .
wenn Kapitän und Mannschaft kehren stets zurück
mit vollem Schiff, das ist dann unser aller Glück!

Du stolzes Schiff,
nimm jetzt aus meiner Hand das Naß, das Dir gebührt!
Ich hoffe, daß mit Gottes Hilfe Du sicher wirst geführt!

Die besten Wünsche schließe ich mit ein."


Alle Suchaktionen blieben erfolglos!
Auch Marinefahrzeuge und Flugzeuge sind eingesetzt - Das letztemal aus dem Seegebiet Ostgrönlands gemeldet.
Aus “Nordseezeitung” Bremerhaven vom 11. März 1967
Niemand weiß, was passiert ist mit der “Johannes Krüss”. Am 21. Februar lief sie von Bremerhaven aus, zwei Tage vor dem großen Orkan an der deutschen Nordseeküste. Sie kam, vom Unwetter unberührt, bis zu den nördlichen Hebriden. In diesem Seegebiet brach bei dem Matrosen Herbert Schulz eine alte Magenkrankheit wieder aus. Er wurde in Stornoway auf den Hebriden abgesetzt und entging damit einem Schicksal, das die anderen 22 ereilt haben könnte. Die Order für Kapitän Rudolf Starossek aus Bremerhaven, der die Gewässer zwischen Island und Grönland besser kennt als manche Bremerhavener das Holzhafenbecken, bestand darin, Frischfisch für die Karwoche zu fangen. Das Fanggebiet war ihm freigestellt.
Der gebürtige Danziger dampfte zunächst an die Ostküste Grönlands, um sich an der Eisgrenze nach den Fangplätzen vorzutasten, die eisfrei waren. Es herrschte 22 Grad unter Null. Die letzte Position, die von “Johannes Krüss”am 28. Februar gefunkt und vom Trawler “Sirius” aufgefangen wurde: 38° West. Das sind etwa 300 Seemeilen östlich des Südzipfels Grönlands. Von hier hätte die “Johannes Krüss” weiter die Ostküste hochdampfen, aber auch noch nach Westgrönland fahren können. Am 28. Februar meldeten die Wetterkarten Grönlands einen Weststurm, Stärke 10. Nichts Ungewöhnliches für Grönland.
Ungewöhnlich war auch nicht, daß sich die “Johannes Krüss” mehrere Tage lang nicht bei der Reederei über Funk meldete. Die erste Meldung an den Reeder gaht auf einer Fangreise erst dann ab, wenn der erste Tagesfang gemacht wird.
Am 5. März war noch immer keine Fangmeldung von Funker Erich Kunz, einem gebürtigen Elbinger, der in Wulsdorf ansässig ist, in Bremerhaven eingetroffen. Daraufhin drahtete die Reederei am folgenden Tage um 09:05 Uhr über “Norddeich Radio” an “Johannes Krüss”: “Warum keine Meldung?” “Norddeich Radio” schickte das Kabel als unzustellbar zurück.

Funkstille über “Johannes Krüss”.

Am 7. März ging über den Trawler “J.H. Wilhelms” eine Meldung an alle Fischereifahrzeuge: “Wer hat Johannes Krüss gesehen?” Keine positive Antwort.
Am 8. März beantragte die Reederei beim Bundesverkehrsministerium, Abteilung Seeverkehr, die genehmigungspflichtige Suchaktion unter dem Rufzeichen “DAAG” einzuleiten. Einen Tag später traf die Genehmigung ein, und “Norddeich Radio” sendete den Lockruf achtmal täglich auf drei Frequenzen. Gleichzeitig formierten sich Suchflottillen östlich Grönlands unter der Leitung der “Seydisfjord” und westlich Gröndlands unter Leitung der “Braunschweig”.
Die Funkstation “Godthab Radio”/OXI strahlte Suchmeldungen aus, der Polizeichef von Godthab übernahm die Koordinierung der Suchaktion, in deren Verlauf bis gestern alle Funk- und Radiostationen an der Küste eingeschaltet und Suchflugzeuge eingesetzt wurden. Die öffentlichen Rundfunksender von Grönland geben laufend Meldungen über den Stand der Suchaktion bekannt.

Zwischen Grönland und Bremerhaven, Grimsby und Murmansk wird das Schicksal der “Johannes Krüss” mit großer Anteilnahme verfolgt. Während sich die Angehörigen der Besatzungsmitglieder an die Hoffnung auf eine Funkstörung klammern, rechnen Fischereifachleute schon mit dem Verlust des Schiffes.

Von den 22 Mann an Bord der “Johannes Krüss” sind 16 aus Bremerhaven und Wesermünde. Außerdem fahren je ein Grieche als Matrose und als Zweiter Maschinist.

Der einzige Mann an Bord der noch die Suchaktion nach der “Hans Hedtoft” mitgemacht hat, ist Steuermann Horst Voigt aus Bremerhaven. Er fuhr damals als Matrose und erhielt nicht nur die Bundesverdienstmedaille wie alle Besatzungsmitglieder, sondern auch aus der des damaligen Präsidenten des Bremer Senats, Wilhelm Kaisen, die Bremische Rettungsmedaille in Silber. Voigt wurde nach dem Grönlanddrama bei einem Sturm vor Labrador mit zwei Besatzungsmitgliedern über Bord gerissen, hatte aber die ihm zugeworfene Rettungsleine mit dem Ring seinem Kameraden zugestoßen.
Sollte eine Schiff, auf dem ein solcher Geist herrscht, in der höchsten Not ohne Rettung geblieben sein? Wenn ja, dann muß das Unglück urplötzlich das Schiff getroffen haben.
(Siehe auch: Die letzte Reise der "Johannes Krüss"
 

3000 Hochseefischer blieben auf See
Die deutsche Hochseefischerei hat immer wieder schwere Schläge hinnehmen müssen, denn die See ist oft unerbittlich. 

Dieses ist die Liste der schwersten Schiffsverluste:
Am 23. Dezember 1894 sanken im Sturm bei Hornsriff sechs Bremerhavener Fischdampfer und rissen 61 Besatzungsmitglieder in den Tod.
Im Winter 1902/1903 gingen bei mehreren Unfällen sechs Fischdampfer verloren, 63 Besatzungsmitglieder blieben auf See.
Am 10. April 1948 ging der Bremerhavener Trawler “H. Hohnholz” mit 14 Mann unter.
Am 7. März 1950 sank der Hamburger Fischdampfer “Cranz” mit 19 Mann.
Am 8. März 1952 wurde ein Südweststurm Stärke 10 dem Bremerhavener Fischdampfer “Thor” (443 BRT) mit 18 Mann Besatzung östlich der Orkney-Inseln zum Verhängnis.
Am 23. Dezember 1952 traf das gleiche Schicksal den Trawler “N. Ebeling" (487 BRT), der im Nordoststurm, Stärke 11, unter Island mit 19 Mann kenterte. Fünf Tage vorher hatte ein Brecher schon den Zweiten Steuermann über Bord gespült. Mit insgesamt 20 Toten war der Verlust von “N. Ebeling” bis dahin der verlustreichste Schiffsuntergang.
Am 25. Juni 1963 schlug das Schicksal noch härter zu: Der Heckfänger “München” (941 BRT) kenterte. 27 Besatzungsmitglieder ertranken.
Rund dreitausend deutsche Hochseefischer blieben seit Beginn der Trawlerfischerei auf See.
Ihnen ist dieser Bericht gewidmet.
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Version: 19-Feb-04 / RMa  /  Rev.: 13-Jun-11 / HBu