GPS in der Seeschiffahrt (III)
Fotos und Bericht © 2008: Joachim Paul, DJ7WL

DGPS Referenzdaten Sendestation in Hamburg
Das Landesvermessungsamt (LVA) Hamburg wollte den Großraum Hamburg mit hochpräzisen RTCM Korrekturdaten ausleuchten. Primär sollten diese Stationen dazu dienen, Vermessungs- und Baggerarbeiten in den Hamburger Hafenbecken und im Flusslauf der Elbe durchzuführen. Darüber hinaus sollten auch Polizei und Feuerwehr vom Dienst profitieren und nicht zuletzt allgemeine Vermessungsarbeiten im Zentimeter-Bereich vorgenommen werden. Das System sollte mit einem Hauptstandort und einem Reservestandort arbeiten. Nach den Vorstellungen des LVA sollte ein Bereich mit einem Radius von 90 km um Hamburgs Zentrum abgedeckt werden!  Ich habe Feldstärkeberechnungen durchgeführt und Installationsorte für die Sendestationen im Hamburger Bereich gesucht. Um die geforderten Reichweiten zu erzielen, kamen letztlich nur zwei Positionen für den Standort in Frage. Einmal der Hamburger Fernsehturm und der höchste Sendemast in Hamburg Moorfleet.
LVA  Fernsehturm
 
LVA Standort Moorfleet
 
Plattform 192 Meter
DGPS-Sendestation Moorfleet
 
Amateurfunkrelais DB0ZE Moorfleet
 
Arbeiten im Turm
Oben links:  Dieses Gestell wurde nach Fertigstellung im Turm neben dem Amateurfunkrelais DB0ZE (Foto oben Mitte) installiert. Die Korrekturdaten selbst wurden am Standort des LVA in Hamburg erzeugt. Über Datenleitungen wurden diese Signale zu den Standorten Fernsehturm und Moorfleet transportiert. Da durch die Nähe zu den Rundfunk- und Fernsehsendern mit hohen Feldstärken zu rechnen war, die den Datenfluss beeinträchtigen können, habe ich mich entschlossen am Mast bis zur Sendestation Lichtwellenleiter zu benutzen. Am Fuß der Standorte wurde diese Umsetzung von der Datenleitung auf LWL vorgenommen. 
Am Standort Moorfleet sollten die Sender doppelt vorhanden sein und umschaltbar auf die LWL Leitung. Alle Geräte wurden in ein Normgehäuse installiert.
Bei der Installation von nur einer Sendeantenne wäre mit starken Abschattungen des Sendesignal zu rechnen gewesen. Deshalb habe ich am Turm drei Sendeantennen vorgesehen, jeweils 120 Grad um den Mast herum angeordnet. Die Sendeenergie wird mittels eines Leistungsteilers impedanzrichtig auf die Antennen verteilt. Die Installation der Antennen wurde durch spezielle Monteure mit Höhenlizenz durchgeführt. Nach meinem Kenntnisstand ist dieser Senderstandort der höchste begehbare Punkt in Hamburg, 192 Meter über Grund. Begehbar ist natürlich relativ, denn hochsteigen wird da kaum jemand. Im Inneren des Sendemastes gibt es einen Aufzug, der mich sehr an die „Dahlbusch Bombe“ aus der Bergrettung erinnert. Ein schmaler Metallzylinder bietet Platz für 2 Personen und benötigt für die Fahrt bis zur höchsten Plattform 8 Minuten. 
Nach der Inbetriebnahme des Systems musste ich den Nachweis erbringen, das die berechneten Feldstärkewerte auch mit der Realität übereinstimmen.
Das Typenschild der Sendestation
 
Fahrzeug des LVA Hamburg
Mit dem SAPOS Fahrzeug haben wir in dem abzudeckendem Gebiet Feldstärkemessungen durchgeführt. Elbabwärts haben wir an verschiedenen Punkten gute Werte gemessen und noch in Brunsbüttel wurde der Nachweis für stabilen DGPS Betrieb erbracht. Letztlich wurde nachgewiesen, dass im Gebiet 90 km um Hamburgs Zentrum die Feldstärke für einen stabilen DGPS-Betrieb vorhanden ist.
Oben:  Blockbild einer Baggerausrüstung auf der Elbe.  Kurze Zeit nach der Inbetriebnahme wurde der praktische Betrieb aufgenommen z.B. beim ausbaggern der Elbe.
DGPS Projekt Halterner See
Dieses Projekt hat mit Schifffahrt nur noch wenig zu tun, in Kurzform möchte ich es doch beschreiben. Der Halterner See, der vielen Freizeitsportlern und Ausflüglern der Erholung dient, ist aber auch ein sehr wichtiges Trinkwasserreservoir für die umliegende Bevölkerung. Der See hat aber mit der Ablagerung von Sedimenten zu tun, welche die Trinkwasserqualität beeinflussen. Diese Sedimente müssen permanent ausgebaggert werden. Fahrzeuge mit Dieselantrieb sind streng verboten. Deshalb haben wir uns folgendes Konzept ausgedacht. Es werden zwei Stahlseile um 90 Grad versetzt mit lockerer Spannung durch den See verlegt. Daran zieht sich ein spezielles Baggerfahrzeug per Elektromotoren hin und her.
In einem Gebäude am Rande des Sees wurde eine DGPS Referenzdaten-Sendestation errichtet. Das Baggerfahrzeug wird über ein Schleppkabel mit Energie versorgt. Über zusätzliche Adern in diesem Kabel wird das RTCM Korrekturdaten übertragen und in den GPS Empfänger Trimble 4000RS eingespeist. Der Trimble Empfänger überträgt das präzise Positionssignal in einen Steuerrechner. Dieser Rechner wiederum steuert die Fahrmotoren an. Der Rechner lässt sich zur Bearbeitung einer bestimmten Fläche des Sees einstellen. Diese Fläche wird dann bei gleichzeitigem Baggerbetrieb automatisch abgefahren.
Unten:  Blockbild der Baggervorrichtung Halterner See

Das Deutsche Fischerei-Aufsichtssystem
Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - auch zuständig für die Deutsche Fischereiflotte - suchte einen Berater für die Einrichtung des Deutschen Fischerei Aufsichtssystem. Da ich bereits Flottenmanagement-Systeme für internationale Spediteure geplant und in Betrieb genommen hatte, bekam ich die Aufgabe. Nach EU-Vereinbarung müssen alle Fischfang-Schiffe mit einer Länge von über 15 Meter mit einem Überwachungssystem auf Basis von Inmarsat Standard C mit integriertem GPS ausgerüstet werden. Die Position dieser Schiffe wird permanent von einer Zentralstation überwacht. Die Verletzung von vorgegebenen Fischereigrenzen wird auf diese Weise überwacht, indem die Position aller Fischfangschiffe direkt in digitalen Seekarten angezeigt wird. Außerdem werden über die Inmarsat Standard C Anlage Fischfangmengen und Arten übermittelt. Diese Zentralstation wurde in Hamburg bei der Bundesanstalt für Fischereiforschung installiert. Per ISDN Leitung wurde die Zentralstation mit der Inmarsat Bodenstation Raisting im Süden Deutschlands verbunden. Darüber wurden dann die Positionsabfragen und sonstige Meldungen geleitet. Auch der Kontakt zu den drei Fischereischutzbooten Seefalke, Meerkatze und Seeadler wurde auf diesem Wege hergestellt.
Unten:  Blockbild des Fischerei-Aufsichtsystems
Sonstige Anwendungen GPS / DGPS
Ich habe mich hier auf die Projekte oder Anwendungen beschränkt, die direkt oder indirekt etwas mit der Seefahrt oder dem Wasser zu tun haben. Hier nun die letzte Beschreibung eines Projektes, das erst auf den zweiten Blick etwas mit Wasser und dem Atlantik zu tun hat. Hin und wieder habe ich Vorträge zum Thema GPS gehalten oder auch Artikel dazu geschrieben. Davon hat der Vorsitzende des AATiS etwas gesehen. Der AATiS (Amateurfunk und Telekommunikation in der Schule) ist ein eingetragener Verein, der sich mit der Fortbildung von Lehrern und Schülern im technischen Bereich und hier speziell der Funktechnik befasst. Zu der Zeit hat der AATiS Wetterballone mit Sensoren an Bord gestartet um meteorologische Daten zu sammeln und per Funk an Bodenstationen zu übertragen. Die Verfolgung der Flugbahn wurde durch einfache Peilmethoden vorgenommen. Dabei kam es vor, dass die teure Nutzlast verloren ging. Zur jährlichen Hauptversammlung des AATiS wurde ich gebeten einen Vortrag zum Thema GPS und dessen Integration in die Nutzlast zu halten. Danach wurde ein GPS Sensor-System in die Nutzlast integriert. Die Ausgabe per Amateurfunkfreqenz wechselte zwischen gesprochenen Positions- und Höhenangaben sowie der Ausgabe in Datenform. Damit war es nun möglich die Position und die Höhe des Ballons direkt in digitalen Karten wiederzugeben. Bei späteren Starts ging die Nutzlast nie mehr verloren. Details zu dem Ballonprojekt lassen sich auf der Homepage des AATiS nachlesen. Jährlich findet am Bodensee eine große Amateurfunkmesse statt. Aus diesem Anlass sollte eine Treibboje auf dem Bodensee ausgesetzt werden, die permanent Umwelt- und Positionsdaten per Funk an Land zur Auswertung überträgt.
Ein geeigneter wasserdichter Bojenkörper ist schwierig zu beschaffen deshalb habe ich zur Jahreshauptversammlung des AATiS eine Auswahl von Seenotbojen des Cospas/Sarsat Typs mitgebracht, um die beste auszuwählen. Die daraus erstellte Treibboje hat sehr gut über mehrere Tage funktioniert und das Projekt fand den Weg auf die Titelseite des Amateurfunk-Magazin CQ DL.
Rechts:  Titelbild nach erfolgreicher Mission
Unten:   Auswahl eines geeigneten Bojenkörpers

Links:  Projekt Seetreibboje
Das links abgebildete Projekt sollte der Vorbereitung zu einem Seetreibbojen-Einsatz dienen, in dem die Boje in den Golfstrom eingesetzt und Position und Daten permanent via Funk und Satellitenverbindung übertragen werden. Der AATiS hatte zu dem Zeitpunkt bereits einen eigenen Satelliten in die Umlaufbahn gebracht. 
Für dieses Projekt habe ich ein Konzept entwickelt, das aus finanziellen Gründen bisher noch nicht verwirklicht wurde.
 

Abschlussbetrachtung
GPS hat alle bis dahin in der Seefahrt gebräuchlichen Navigations- verfahren verdrängt.
Auch das Schiffslog ist nicht mehr wichtig, weil GPS/DGPS-Geräte neben der genauen Position auch Geschwindigkeit und Kurs über Grund anzeigen. Wegen ungenauer Navigation sind früher ganze Flotten auf Grund gelaufen oder an Felsen zerschellt. 
Den ersten Ansatz, dieses Navigationsproblem zu lösen hat der schottische Uhrmacher John Harrison geleistet, indem er einen Chronometer baute, der in der Lage war, auf See unter den dort herrschenden Bedingungen, die präzise Zeit anzuzeigen.
Damit war es möglich den Längengrad einer Position genau zu bestimmen. Den Breitengrad konnte man schon länger genau messen. Mr. Harrison hat für diese Aufgabe 40 Jahre gebraucht. Alles ist in dem spannenden Buch „Längengrad“ von Dava Sobel beschrieben. 

Die heutigen Seefahrer haben einen sehr genauen Schiffschronometer an Bord, aber der Umgang mit dem Sextanten wird nicht sehr häufig trainiert. Während meiner Mitfahrten auf Seeschiffen habe ich das regelmäßige Ermitteln der Mittagsposition nur auf den Schiffen der Bundesmarine erlebt. Ansonsten habe ich alle elektronischen Navigationsverfahren vom Drehrahmenpeiler bis zum DGPS Verfahren selbst aktiv erlebt und praktiziert. Derzeit ist das europäische Navigationsverfahren „Galileo“ im Aufbau. Jetzt im April 2008 wurde der endgültige Beschluss dafür gefasst. Wir werden das Projekt aufmerksam verfolgen.
J. Paul
April 2008

Zum Teil 1 dieses Berichtes
Zum Teil 2 dieses Berichtes

Zur Seefunk-Homepage
Version: 18-May-08 / Rev.: 13-Jun-11 / HBu