Was ist denn überhaupt „sozial“ ? Vereinfacht : die Verbindung verschiedener Menschen und/oder Gruppen, um miteinander kommunizieren zu können. Beispiele : Schiff und Kneipe . Beispiel Schiff : Die Besatzung eines Schiffes bildet eine Gruppe, die miteinander redet. Sofern sie nur über „Arbeit“ redet, ist die Bedingung „soziale Gruppe“ nicht erfüllt. Die klassische soziale Gruppe, die alle Anforderungen an „sozial“ erfüllt, ist die Runde, die sich nach Ende der Arbeitszeit der „Tagelöhner“ täglich hinter der Kombüse trifft. Die Bedingungen, eine soziale Gruppe zu sein, wird an Bord nur teilweise erfüllt. Die Hierachie der Besatzung (Schiffsoffiziere versus Mannschaftsdienstgrade) verhindert gruppendynamische Entwicklungen: Wer ist Anführer? Von daher ist die soziale Struktur schon belastet. Echte soziale Gruppen bilden sich nur unter den Mannschaftsdienstgraden aus, getrennt nach Deck und Maschine. Soziale Strukturen etwa in der Beziehung des Kapitäns zu seinen Offizieren werden im Regelfall durch die Rangordnung verhindert. Wer „kommuniziert“ denn wirklich „sozial“, d.h. ohne Bezug zu einem Zweck, mit anderen? Es kann nur der FO, weil er außerhalb der Hierarchie steht und an den Arbeitsvorgängen nicht beteiligt ist. Seine besondere soziale Funktion besteht auch darin, dass er eine, wenn auch beschränkte Verbindung zur Außenwelt aufrechterhält. Indem er u.a. Nachrichten aus dem Seegebiet, von Kompanieschiffen auffängt („frag mal, ob Meyer noch an Bord ist !“) verhindert er, dass sich eine Ghetto-Mentalität breitmacht. Die
übergeordnete soziale Gruppe ist die Menge der Schiffe in einem Seegebiet,
die miteinander in Kontakt stehen. Ursprünglich für den Zweck
„keep together for mutual support“ hat sich der tägliche Kontakt zu
einer sozialen Institution entwickelt. Die Weigerung, sich an einer derartigen
sozialen Gruppe zu beteiligen, hat vielen Menschen der „Pamir“
/ DKEF das Leben gekostet. Der Grund : der FO auf dem HAPAG-Schiff
„Brandenburg“; der seine erste Reise als FO machte, war mit Verwaltung
so zugedeckt worden, dass er den Funkdienst vernachlässigen musste
und an der „sozialen Gruppe“ im Seegebiet nicht beteiligt war. So wusste
er nicht, dass die „Pamir“ in unmittelbarer Nähe stand.
Kapitän und Funker sind später der unterlassenen Hilfeleistung angeklagt worden. Dem Alten hat man die simulierte Krankheit geglaubt, der missbrauchte Funker wurde wegen unterlassener Hilfeleistung juristisch bestraft. Die HAPAG hatte sich vom FO distanziert. PS
: Dass ich die Zeiten Gegenwart und Vergangenheit miteinander gemischt
habe liegt daran, dass Tatsachen Vergangenheit sind, die Gesetze des Zusammenlebens
aber immer noch gültig sind.
|