Mit den Wellenlängen - Ein  Leben auf dem Ozean
Autor: J. Edward Brown, Christchurch, NZ. - Der Bericht erschien am 30. Juli 1977 im "NZ Listener"
Übersetzung:R. Marschner, DL9CM

Ein Schiff aus den 20er Jahren: Die "Altenfels" / DOMH 
Das Schiff wurde 1925 in Dienst gestellt
Nichts könnte jemals den Klang eines Löschfunkensenders ersetzen, sein Schnarren und Zischen, seinen blauen Funken, und den Geruch des Ozons. Die "Waimarino", 3088 t, hatte so einen altmodischen 250-Watt-Marconi-Sender vom Typ 341 an Bord, in lackiertem Holz, und fabrikmäßig geschützten Drähten, sowie einer versilberten Funkenstrecke. Eine Trennwand aus Segeltuch ersetzte die Tür, und wenn der Offizier sich hindurch zwängte, und er tat er immer wieder, dann pfiff der Wind hinein. Es gab keinen richtigen Funkraum auf der "Waimarino", als ich in den frühen 50er Jahren auf ihr fuhr. Die Funkausrüstung war im ungeheizten Kartenraum neben einer Bank angeschraubt. Ich saß dort im Winter zusammengekauert vor meinen spärlichen Geräten, wünschte mir so einen dicken Brückenmantel, wie der Kapitän ihn trug und lauschte den Schiffs- und Küstenfunkstellen.
Ich nahm niemals den Wetterbericht von "Wellington Radio". Der Kapitän hörte die Vorhersage des Rundfunksenders "2YA" und machte sich anhand der Landvorhersage seine eigene Meinung über das Wetter auf See. Er kam immer in den Kartenraum, um die 9-Uhr-Nachrichten zu hören, es war die einzige Nachrichtensendung zur damaligen Zeit. Die Olympischen Spiele 1952 fanden gerade statt und die Russen gewannen.

"Einige dieser Frauen sind halbe Männer" sagte er jede Nacht.

Wir hatten kein Radar an Bord, das war damals noch ein Kriegsgeheimnis. Es gab auch kein Echolot und wir waren in dickem Nebel. Der Sondenbaum war seitlich ausgebracht für die Sondenmaschine die einen langen Draht mit einem Rohr am Ende hatte für Bodenproben und das Rohr wurde in regelmäßigen Zeitabständen auf die Brücke gebracht für die Bodenuntersuchungen und zum Vergleichen mit den Kartenmarkierungen, so wie wir herumgeisterten im Nebel. 
Der Hafenkapitän von Timaru hatte mit dem Kapitän eines großen Überseeschiffes im Hafen vereinbart, daß dieses sein Nebelhorn alle zwei Minuten einschaltete, in der Hoffnung, daß wir es hören und feststellen konnten, wo wir waren. 

Wurden wir schon vermißt? Nicht mehr, als alle anderen Schiffe während dieser Tage im Nebel.

Die "Waimarino" war ein ölbefeuerter Dampfer aus dem Jahre 1929 und speziell in der Ostküstenfahrt zwischen Auckland und den Häfen der Südinsel eingesetzt. Nach Süden fuhren wir Wandfaserplatten, Flaschenbier aus Auckland, Dosennahrung und Soßen, nach Norden Schokolade, Biskuits, Haferflocken und Heuballen. Wir liefen Oamaru extra an, um "Lane’s Emulsion" zu holen, der 2. Offizier ging zur Fabrik und wurde betrunken, als er sah, wieviel Branntwein in die Arzneimittel kam. 

Als Funker saß ich, eingezwängt in meinem Raum von der Größe einer Besenkammer, und konnte trunken werden in meinen Träumen, entweder auf der "Rangitiki", der "Dominion Monarch", oder vielleicht auf der "Queen Elizabeth" zu fahren – sie hatte ein Dutzend Funker an Bord erzählte man sich - oder auf der "Wanganella" oder der "Monnowai". Die Realität stand im Kartenraum: Kopfhörer aus Bakelit, heiße Kohle-Glühfaden-Lampen die orange leuchteten, der bittere Geruch der Schwefelsäure, blauen Uniformen aus Rehleder, den russischen Tressen, japanischer Ausrüstung und antiquarischen silbernen Radioröhren.

Alles scheint heute so primitiv. Ja, es war primitiv damals.

Mein erstes Schiff war die alte "Matai", sie gehörte der Neuseeländischen Regierung und war ausgerüstet mit einem Ein-Röhren-Sender. Die Röhre bestand aus einem großen Glaskolben, der in einem Asbestring steckte. Wenn die Glühfaden-Spannung an lag, brachte der Glaskolben soviel Licht, daß man ein Buch lesen konnte. Der Senderaum sah aus wie ein Hühnerkäfig mit Drahtgeflecht.
Das Autoalarmgerät der "Matai" war ein Marconi-Empfänger, Typ 332, festgeschraubt am Schott, die Röhren schauten horizontal heraus. Auf dem Tisch gab es Zahnräder, Klinken, Hebel und Wellen – es sah aus wie der Albtraum eines verrückten Uhrmachers – die angetrieben wurden durch das Alarmsignal. Für den Funker bedeutete es bei der Prüfung, daß er Kenntnis davon haben mußte, was mit jedem Zahnrad, jeder Klinke, jedem Hebel und jeder Welle bei einem ankommenden Signal passierte. Das Autoalarmgerät war 16 Stunden am Tag eingeschaltet.

Funkräume in den damaligen Zeiten waren voll mit Kupferrohren die zu den Antennenausgängen führten, und großen Messerschaltern aus Messing für die Batterien, alles mußte blank poliert sein. Schlampige oder geschickte Funker malten diese Kupferleitungen rot an. Die Morsetasten waren aus Messing, daher auch der Name "brass pounder", obwohl die normale Anrede des Funkers damals wie heute "Sparks" ist. 
Die Funkgeräte wurden von Batterien gespeist, die immer in geladenem Zustand gehalten werden mußten und bewacht wurden wie ein kleines Kind. Sie waren größer als die kleinen, heute in Kraftfahrzeugen installierten Batterien, und befanden sich in Kästen auf dem höchsten Platz des Schiffes, so daß, wenn das Schiff sank, sie die letzten waren, die untergingen, und der Funker, der unter ihnen in seiner schmalen Kabine saß, SOS senden würde, bis das Wasser seinen Morsearm erreichte, ja wenn er aufstand, konnte er möglicherweise solange senden, bis es seinen Kopf erreichte und er ertrank. Das war damals jedenfalls die Theorie.

Ich war auch Funker auf der "Ami", einem alten 1920 gebauten britischen Dieselschiff, das in den 50er Jahren unter der Flagge Hong Kongs fuhr. Ihre Ausrüstung war original aus dem gleichen Jahr, eingebaut in großen schwarzen Kästen mit Glasfenstern damit man das Innenleben während des Sendens beobachten konnte. Wir hatten kein Sprechfunk. Genauso wie Nauru Island, und wenn wir ankamen um Phosphat zu laden, blinkten sie mit Morsescheinwerfern von der Küste und der Kapitän sagte: "Funker, bitte helfe dem Offizier und lese mit". Er war ein 60 Jahre alter Mann und halb blind. Ich hatte keine Probleme die Punkte und Striche zu verstehen, mit denen uns mitgeteilt wurde, daß wir die Nacht über auf Reede bleiben sollten, um am nächsten Morgen unter die Auslegebrücke zu kommen. Lichtmorsen ist inzwischen veraltet, heute gibt es UKW!

Damals waren die Schiffssender nicht stabil in der Frequenz und wanderten ziemlich stark. Die alte NZGMV "Maui Pomare" hatte einen Kurzwellensender, dessen Signal zwar unverwechselbar, aber unstabil war. Wenn ich mit einer Küstenfunkstelle arbeitete, schrieb ich das Telegramm mit der einen Hand, während meine andere Hand das Signal über die gesamte Empfängerskala verfolgte. Beendete die Station ihre Aussendung, mußte ich zum Skalenanfang zurückdrehen, um ihr dann wieder zu folgen.

Löschfunkensender waren ideal für den Notverkehr, aber sie störten die Rundfunksender, dieses war auch der Grund, daß man diese Art der Aussendung schließlich abschaffte.

Heutzutage werden Synthesizer-Sender benutzt, auf denen jede gewünschte Frequenz eingestellt werden kann. Synthesizer-Empfänger halten exakt die Frequenz die eingestellt wird, und wird eine Station nicht gehört, dann ist sie auch nicht in der Luft. Heute haben automatisierte Schiffe Möglichkeiten, die Batterien automatisch zu laden, automatische Tasten, automatische elektronische Alarmanlagen, sowie automatische Peilanlagen mit motorisierten Antennen, welche die Stationen suchen.

Aber merkwürdigerweise haben sie noch Rettungsboot-Anlagen, die von Hand angekurbelt werden müssen. 

Es gibt Sprechfunkgeräte mit hoher Leistung, die es dem Kapitän ermöglichen, zu jeder Zeit mit Teilnehmern an Land zu sprechen, Telefon und Telex über Satellit gibt es auf Anforderung. Telemetrie für ständige Überwachung der Maschine und des Decks während des Ladebetriebs. Radar dessen Bildschirme Bewegungen anderer Schiffe automatisch verfolgen und Alarm geben, wenn man sich zu nahe kommt. Automatische Peilanlagen, welche die Stationen selbständig finden. UKW-Anlagen für den Hafenfunkverkehr, die automatisch verschiedene Kanäle überwachen, "walkie-talkies" für Anlegemanöver, Computer für die Navigation. Sie haben Faksimile-Geräte um Dokumente zu übertragen – haben Sie die Faksimile-Ausrüstung gesehen, die für Übertragungen benutzt wurde, als Cousteau aus der Antarktis berichtete?

In jeder Kabine gibt es Farbfernsehen. 

Die Morsetaste aus Messing und der Funker jedoch sind Teile des Museums geworden.


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Version: 14-Mar-02 / RMa