Ein Rückblick auf die Praxis der Funkbeschickung im Hamburger Bereich der Debeg
Bericht  © 2010: Joachim Paul, DJ7WL

Um ein Funkpeilgerät praxisgerecht einzusetzen muss die Fehlweisung des Systems bekannt sein. Die Missweisung des Gerätes wird bei einer Funkbeschickung festgestellt. Hierbei wird die Differenz zwischen der optischen Peilung einer Funkquelle und der Funkpeilung ermittelt. Danach werden die Kompensationsmöglichkeiten des Funkpeilers genutzt um den Fehler zu beseitigen. Ein eventuell verbleibender Restfehler wird in Form einer Tabelle in der unmittelbaren Nähe des Gerätes angebracht. Die dort aufgelisteten Werte müssen in die Auswertung eingefügt werden. Die Funkbeschickung war ein geforderter Bestandteil des Funksicherheitszeugnisses. 
Die Technik der verschiedenen Funkpeilsysteme ist auf dieser Homepage ausführlich beschrieben, deshalb möchte ich hier die praktischen Aspekte der Funkbeschickung, speziell im Hamburger Bereich, beschreiben.
Der erste Funkpeiler mit dem ich es zu tun bekam, war ein E374N von Telefunken (Abb.1). Das war im Jahr 1953 ein Überbleibsel aus dem zweiten Weltkrieg. Die Funktion dieses Drehrahmen-Peilers war allerdings einwandfrei. Es gab ein scharfes Minimum und die Empfindlichkeit war in Ordnung. Wenn man im Hamburger Hafen das Funkfeuer Helgoland und das Consolfunkfeuer Stavanger gut empfangen konnte war die Empfindlichkeit ok. Die bei der Funkbeschickung ermittelten Abweichungen wurden bei diesem Gerät durch sogenannte Metallleitkurven angebracht. Danach wurde der Anzeigepfeil je nach Wert mehr oder minder, mechanisch ausgelenkt. 
Der E374N war zu dieser Zeit natürlich schon ein Kuriosum, aber auf Schiffen aus dem Ostblock die den Hamburger Hafen anliefen, war z.T. der Notsender noch ein Löschfunkensender!
In den 50er Jahren wurden auf den Werften in Hamburg schon wieder viele Schiffe gebaut, z. B. für die Hapag bei den Hamburger Howaldtswerken. Auch auf diesen Schiffen wurde als Peilempfänger ein Überbleibsel des Krieges eingesetzt: Der T8PL39 zusammen mit einem Goniovorsatz der Fa. Plath. Dazu gehörte dann noch ein verspannter Kreuzrahmen auf dem Peildeck sowie eine vertikal abgespannte Hilfsantenne. Der T8PL39 war so schwer, dass zum Anheben des Gerätes zwei Mann nötig waren. Auch die Konsole, die am Schott befestigt wurde, musste eine hohe Stabilität aufweisen. Mir sind einige Fälle bekannt geworden, wo diese schweren Geräte durch Resonanz abgestürzt sind. 
In diesen Jahren arbeiteten die verspannten Kreuzrahmen ohne Probleme mit guten Peilergebnissen weil der verschweißte Schiffskörper im Brückenbereich eine gute Erdung für den Kreuzrahmen darstellte. Das änderte sich, als im Bereich des magnetischen Hauptkompass nichtmagnetisches Material eingesetzt wurde. Im Übergangsbereich magnetisches zum nichtmagnetischen Material wurden isolierende Materialien benutzt um Elektrolyse zu verhindern und die Platten wurden genietet. Leider wurde durch den sich verändernden Übergangswiderstand im Brückenbereich die Brauchbarkeit des verspannten  Kreuzrahmens stark beeinträchtigt. 
Die Debeg hat danach nur noch  geschlossene Kreuzrahmen  eingesetzt.
Bei der Debeg wurden über viele Jahre Peiler von Telefunken aus der Telegon Serie eingesetzt, die später durch Eigenentwicklungen abgelöst wurden. Die Durchführung der nötigen Funkbeschickungen wurde von speziell ausgebildeten Technikern vorgenommen. Die „Bibel“ für diese Arbeit war das Lehrbuch „Grundlagen der Funkortung“. Nachfolgend ein kleiner Auszug aus diesem Werk:
Nach Durchführung einer Funksicherheitsprüfung erfolgte zwangsläufig auch eine neue Funkbeschickung. Vor dieser Arbeit wurde das Funkpeilsystem in allen Komponenten geprüft um später keine unliebsamen Überraschungen zu erleben. Die Funkbeschicker-Crew der Debeg hatte nahezu für alle Liegeplätze im Hamburger Hafen Peilwerte für verschiedenen Funkfeuer ermittelt und als Tabelle angelegt. Damit war man am jeweiligen Liegeplatz in der Lage die grundsätzliche Funktionsbereitschaft des Peilers festzustellen. Zusätzlich war die mechanische Ausrichtung des Peilrahmens oder Drehpeilers zu prüfen. Die Schiffsbesatzung hatte für den seeklaren Zustand des Schiffes zu sorgen, insbesondere was die Ladebäume anging. Während der Durchführung der Funkbeschickung mussten die Sendeantennen freigeschaltet werden. Ohne diese Freischaltung war der Funkpeiler auch nicht einschaltbar.
Wenn man Erfahrung hatte und flink war, konnte auf dem Wege vom Hamburger Hafen nach Stadersand eine Vorkompensation durchgeführt werden, die dann vor Ort Zeit einsparte. Für markante Punkte auf der Fahrt, querab der Anleger Teufelsbrück, Blankenese etc. gab es eine Tabelle mit Soll-Peilungen. Unter Nutzung dieser Tabelle war eine Vorkompensation möglich.
Auslaufend Hamburg wurde die Funkbeschickung auf der Elbe durchgeführt. Es gab verschiedene Varianten. Viele Jahre wurde diese Arbeit bei Stadersand durchgeführt. Dort lag eine speziell mit einem Mittelwellensender sowie einer verspannten Rahmenantenne ausgerüstete Barkasse für diesen Zweck bereit. Idealerweise erreichte das ankommende Schiff Stadersand bei Flut. Dann war es für Kapitän und Lotsen relativ einfach das Schiff mit langsamer Maschinenfahrt nahezu auf der Stelle zu halten. Die Barkasse umrundete das Schiff im festgelegtem Abstand mit eingeschaltetem Sender. Auf den Hauptkompass wurde ein Peildiopter gesetzt, um die optische Peilung durchzuführen. Unter Deck wurde zur gleichen Zeit die Barkasse vom Funkpeiler aus verfolgt. Zwischen diesen beiden Positionen wurde eine Wechselsprechanlage installiert. Alle 10 Grad gab der Funkbeschicker das Kommando „Achtung Null“. Danach musste der Partner am Peildiopter den gemessenen Wert durchgeben. Die Differenz war die zu beschickende Abweichung. Nach Durchführung einer 360 Grad Umrundung wurde gerechnet und per Kompensationseinrichtung des Peilers versucht die Fehlerkurve auf 0 zu bringen. Danach erfolgte eine erneute Umrundung zur Kontrolle und ein Restfehler wurde in eine Tabelle eingetragen, die in der Nähe des Funkpeilers angebracht wurde. Dann gab es zwei Möglichkeiten das Schiff zu verlassen. Entweder beorderte man die Barkasse längsseit um an Land zu kommen oder man fuhr weiter mit um mit dem Elblotsen bei Brunsbüttel auszusteigen. 
Rechts: Funkbeschickungsbarkasse Stadersand
Weil das Schiff zollmäßig ausklariert war, darf hier normalerweise niemand aussteigen. Für Peilkompass-Kompensierer und Funkbeschicker gab es dafür aber Ausnahmen. Mit einer sogenannten Erlaubniskarte, ausgestellt vom Hamburger Zoll, war das von Bord gehen auf der Elbe gestattet.

Links:  Erlaubniskarte Zollamt Hamburg

Bei ablaufendem Wasser waren Kpt. und Lotse typisch sehr nervös, weil sich das Schiff nicht gut auf der Position halten ließ. Allzu weit durften wir aber nicht elbabwärts treiben weil dann der Einfluss des Aluminiumwerkes spürbar und damit die Peilungen ungenau wurden. Bei diesen Manövern sind sogar Grundberührungen vorgekommen, aber im Schlick der Elbe meistens ohne gravierende Folgen.
Später wurden die Funkbeschickungen bei Stadersand eingestellt weil die Schiffe größer wurden, eine Hochspannungsleitung in der Nähe errichtet wurde, das Atomkraftwerk erstellt wurde etc.
Danach wurden die Funkbeschickungen vielfach bei Hollernwettern durchgeführt. Dort gab es ein Funkfeuer an Land, das man per UKW Anruf einschalten lassen konnte. An diesem Ort musste sich das Schiff um die eigene Achse drehen, um die Arbeiten durchzuführen.
Bei noch größeren Schiffen wurde die Funkbeschickung beim Feuerschiff Elbe 1 gemacht. Zeitweilig war das aufgrund der Witterungsbedingungen nicht mehr gemütlich. Aussteigen musste man danach mit dem Seelotsen.
Auf Probefahrten habe ich dann häufig Beschickungen in Sichtweite  Helgoland durchgeführt. Dabei fuhr das Schiff permanent langsam im Kreis. Diese Art der Beschickung war die technisch am besten geeignete Art.
Zur Beschickung der Funkpeiler auf der Mittelwellenfrequenz bei 300 kHz kam später noch die Prüfung der Zielfahrt im Bereich Grenzwelle hinzu, um die Seenotbojen auf 2182 kHz peilen zu können.

Peildiopter auf dem Hauptkompass
Hin und wieder habe ich auch Beschickungen auf Yachten durchgeführt. Im Yachthafen Wedel gab es zu diesem Zweck einen Pfahl um den die Yacht herum gezogen wurde. Als Funkfeuer wurde der Sender HAM auf 339 kHz am Hamburger Flughafen genutzt. Optisch konnte man den Senderort natürlich nicht sehen aber einen Kirchturm genau in der Richtung dorthin. Dieser Punkt wurde nun optisch und per Peiler verfolgt und die Beschickung daran durchgeführt. 
Ursprünglich wurden die Funkbeschicker von der Debeg ausgebildet und eingesetzt. Von einem bestimmten Zeitpunkt an wurden wir Bevollmächtigte des damaligen DHI des heutigen BSH. Zusätzlich wurden bei den Prüfungen der Peilfunkanlagen nun Marken ähnlich den TÜV Marken am Auto geklebt und verwaltet. In meinem Fall galt diese Regelung auch als Prüfer für Echolot und Doppler Sonar Systeme. 
Manchmal mussten auch „exotische“ Aufgaben in dieser Richtung erledigt werden. Die Zentrale der Debeg befand sich in den 50er Jahren noch in Berlin. Der dortige Direktor hatte gute Beziehungen zu einem Telefunken Direktor. Dieser wiederum hatte eine Segelyacht auf dem Wannsee liegen. Dort benötigt man natürlich unbedingt einen Funkpeiler! Gesagt getan. Ich hatte alsbald das Vergnügen eine Funkbeschickung auf dem Wannsee durchzuführen. Nach ausgiebigem Kartenstudium habe ich einen Punkt an Land gefunden, der genau in Richtung zu einem Flugfunkfeuer stand. Daran habe ich dann die Funkbeschickung durchgeführt und das neue Spielzeug betriebsklar an den Direktor übergeben. Ganz sicher bin ich nicht, aber der gezeigte Peiler müsste der Debeg E 616 gewesen sein. Der erste Peiler der Debeg mit Transistoren. Die Werte der Funkbeschickung wurden direkt auf der Trommelskala angebracht.
Drehrahmenpeiler E 616
Aber während der Zeit in Berlin habe ich dann doch noch ernsthafte Arbeiten durchgeführt und  bei der  Wasserschutzpolizei die ersten Radargeräte überhaupt in Betrieb genommen sowie die Anwender im praktischem Betrieb geschult.
Für das American Bureau of Shipping und für Norske Veritas sowie weitere ähnliche Organisatoren habe ich im Auftrag Funksicherheits- prüfungen durchgeführt. Für Schiffe unter deutscher Flagge habe ich das normalerweise nicht gemacht sondern das Funkamt 6 in Hamburg war zuständig. In Ausnahmefällen allerdings habe ich auch Funksicherheitsprüfungen auf Schiffen unter deutschen Flagge durchgeführt z.B. auf Versorgungsschiffen der VTG und Hansa im persischem Golf. Damit verbunden war auch eine Funkbeschickung. Aber wo und wie durchführen? Nach Studium der nautischen Handbücher an Bord habe ich mich entschlossen das Funkfeuer auf Kharg Island für diesen Zweck zu nutzen. In großem Abstand zur Insel haben wir in Kreisfahrt eine perfekte Funkbeschickung hinbekommen.
VTG Versorger "Lübeckertor"
Antennendeck Debeg
Auf dem Antennendeck bei der Debeg in Hamburg waren diverse Kreuzrahmen installiert um Erprobungen und Reparaturen durchführen zu können. Mein persönlicher Lieblingspeiler war in den älteren Tagen der Lodestone von Marconi und später der Lodestar von Marconi. 
Automatic Peiler Lodestar mit Kompensationsbox
Peilrahmen Bremen 2008
Bei beiden Geräten war die Kompensation schnell und einfach durchzuführen. Beim Lodestar wurde die Kompensationsbox sogar außerhalb des Gerätes angebracht, wie auf dem Bild links vom Peiler zu sehen ist. Von dem kleinen Kasten darüber wurde die Antennenfreischaltung angefordert. Wenn erfolgt, leuchtete die Lampe und der Peiler ließ sich einschalten.  Auf vielen Schiffen blieb der Peiler weit über die vorgeschriebene Zeit aktiv und wenn es nur zum Radio hören war. Das Bild vom Hapag Lloyd Passagierschiff "Bremen" datiert aus 2008.
Joachim Paul, April 2010
Bildnachweis:

Abb. 1, 2, 3, 4 und 5  Quelle: Debeg in "Grundlagen der Funkortung“
Abb. 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13  Quelle: Verfasser Joachim Paul, DJ7WL
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Version: 08-Sep-10 / Rev.: 13-Jun-11 / HBu