Stockholm Radio/SDJ
Eine aktuelle historische Perspektive von Karl-Arne Markström, aus dem Englischen übersetzt von
Peter Schulz, Mount Tamborine, Old Australien und Rolf Marschner DL9CM  -  Alle Fotos: Karl-Arne Markström

Die Geschichte des Seefunkdienstes im Gebiet von Stockholm geht zurück bis in das Jahr 1902, in dem die Königlich Schwedische Marine eine Versuchs-Küstenfunkstelle auf der Waxholm-Festung an der Ostsee-Einfahrt von Stockholm einrichtete. Diese erste Funkstelle wurde 1914 für den öffentlichen Seefunkdienst geöffnet und es war ein Risiko, daß von der Marine und der schwedischen Telekommunikations- behörde getragen wurde. Die Station wurde mit einem 8 kW-Telefunken-Löschfunkensender (tönende Telegrafie) ausgerüstet. In den 20er Jahren wurde diese Küstenfunkstelle mit einem weiteren Telegrafie- und Telefoniesender ausgerüstet und die Marine zog sich zurück, als es einen Streit über die Finanzierung und Leitung gab.
Bis 1937 blieb die Station auf dieser Festung, dann wurde eine neue Funkstation für Mittelwellen-Funktelegrafie und -Telefonie auf dem kleinen Archipel-Ort Stavsnäs, ungefähr 40 km östlich der Stadt Stockholm gebaut. Eine neuer Platz für eine getrennte Sendestelle wurde an der Küste gefunden und die Empfangsfunkstelle in der oberen gemieteten Etage einer Villa im Herzen des Ortes eingerichtet. Die Arbeit in dieser beengten und unkomfortablen Unterkunft wurde über die Kriegsjahre mit zeitweise hohem Arbeitsaufkommen in Bezug auf die kriegszeitlich bedingten Gefahren für die Schiffahrt und die Flüchtlingsströme auf der Ostsee weitergeführt.
1947 wurde ein neues Gebäude für die Betriebs- und Empfangsfunkstelle in einem ansehnlichen Gebiet am Rande der Ortschaft gebaut mit einer atemberaubenden Sicht über das Archipel. Im gleichen Jahre wurde die Rolle der zivilen Küstenfunkstellen im schwedischen Such- und Rettungssystem neu formuliert und „Stockholm Radio“/SDJ zum maritimen Rescue Coordinations Center (MRCC) für den schwedischen Teil der Ostsee ernannt. Wir wurden Zeugen der Jahre des großen Umbruchs, in der die Mittelwelle ihre führende Rolle verlor und von der Ultrakurzwelle mit enormen Verkehr ersetzt wurde. 1973 wurde eine große Reorganisation des Netzwerks durchgeführt, bei der die kleinen Mittelwellenstationen geschlossen und der UKW- und Mittelwellendienst auf die drei übriggebliebenen  Funkstellen, den MRCC’s „Göteborg Radio“/SAG im Westen, „Stockholm Radio“ im Osten und „Harnösand Radio“/SAH im Norden konzentriert wurde.
Aufgrund der organisierten Strukturänderung wurde „Stockholm Radio“ 1979 von seinem landschaftlichen Platz mit der herrlichen Ruhe in die oberste Etage des Gebäudes der regionalen Telekombehörde in das städtische Industriegebiet im Süden von Stockholm verlegt. Dieser Umzug war auch ein Teil der Vereinigung mit der Kurzwellen-Boden/Luft- und Punkt zu Punkt-Station „Enköping Radio“/SAZ. 1980 waren der Umzug und die Vereinigung abgeschlossen und der UKW-Funkverkehr mit der Handelsschiffahrt und den Wochenendseglern im Gebiet des Archipels wurde, zusammen mit der Rolle als MRCC, das Hauptgeschäft dieser Küstenfunkstelle. Die 80er Jahre waren ebenfalls ein Jahrzehnt der Veränderungen und der einstmals profitable UKW-Verkehr reduzierte sich hinsichtlich des Massenmarktes mit den Mobil-Telefonen zu einem Bruchteil am Ende des Jahrzehnts. Im Gegensatz dazu stiegen die MCRR- und Boden-Luft-Aktivitäten an.
Die ersten 90er Jahre brachten in Umfang und Verhältnis komplette und unerwartete Änderungen. Es begann alles 1992 mit dem Druck einer Studie der Seefahrtsbehörde, in der die MRCC-Struktur untersucht und behauptet wurde, daß in der neuen Struktur aller Wahrscheinlichkeit nach, für „Harnösand Radio“/SAH als nördlichster Funkstelle kein Platz mehr sein würde. Die Verwaltung reagierte sofort, versetzte die Mitarbeiter von „Harnösand Radio“ an andere Arbeitsplätze und setzte ein Rettungsprogramm in Gang, indem sie rechnergesteuerte Geräte in eine neue und mehr flexible Einrichtung steckten.
Nur wenige Monate nach diesem Projekt erklärte die für die MRCC-Gelder zuständige Seebehörde, daß sie sich entschieden hätte, das MRCC Göteborg in eigener Regie zu betreiben und daß jede Einbindung in den kommerziellen Küstenfunkdienst weder gewollt noch notwendig sei. 
Wieder reagierte die Verwaltung mit Verspätung und erklärte daß der übriggebliebene handbetriebene Mittelwellen, Kurzwellen und UKW-Dienst von „Göteborg Radio“ sofort einzustellen sei und nach „Stockholm Radio“ verlegt werden solle, sobald die neue Fernbedienung geliefert und eingebaut sei. Diese wurde im Herbst 1994 beendet und wenige Wochen später war der Dienst der Küstenfunkstelle „Göteborg Radio“ Geschichte. Als Teil dieses Projektes wurde die Betriebsstelle von „Stockholm Radio“ wieder verlegt, dieses Mal in ein brandneues Haus ungefähr 10 km östlich des Stadtzentrums wo sie das obere Stockwerk in Besitz nahm, mit einem Überblick auf die Einfahrt des Stockholmer Hafens.

Ausblick auf die Einfahrt des Stockholmer
Hafens von der Station aus.

Zur Zeit dieser Niederschrift ist „Stockholm Radio“ die einzige kommerzielle Küstenfunkstelle Schwedens mit Ausnahme der Marinefunkstellen, „Tingstäde Radio“/SAE und „Karlskrona Radio“/SAA, die beide noch einen Telegrafiedienst auf Mittel- und Kurzwelle, und Grenzwellentelefonie betreiben. Sie bilden auch bis heute noch Funker aus, eine Einrichtung, die ein Überbleibsel der Situation vor den 20er Jahren ist. Damals war die Verantwortlichkeit für die Küstenfunkstellen zwischen der Marine und der Telekommunikationsverwaltung aufgeteilt. „Tingstade Radio“ ist auch unter einem anderen Aspekt interessant: Sie ist möglicherweise die einzige durch die Marine betriebene Küstenfunkstelle die noch in Betrieb ist, aber vom Heer und der Luftwaffe bezahlt wird.
„Tingstäde Radio“/SAE
Logo von 
Karlskrona Radio/SAE
Logo von 
Tingstäde Radio/SAE
Man kann mit Sicherheit sagen, daß viele Leute innerhalb und außerhalb des Küstenfunkdienstes in Schweden vom Ergebnis der Turbulenzen in der Zeit zwischen 1992 und 1994 überrascht waren. Noch 1990 war es relativ sicher, daß „Göteborg Radio“ die letzte überlebende Küstenfunkstelle in Schweden sein würde. Schon allein wegen seiner Größe und wegen der massiven Investitionen die in den 70er und 80er Jahren getätigt wurden. Es stellte sich aber heraus, daß die Größe wegen der hohen Betriebskosten ein Nachteil war und daß die Investitionen für eine Verkehrskapazität gemacht wurden, die nicht mehr benötigt wurde. Bezeichnend für das Schicksal von „Göteborg Radio“ ist, wenn man es als ein beeindruckendes Beispiel dafür nimmt, wie gefährlich es ist, sich auf den Lorbeeren auszuruhen.

Dienste:
„Stockholm Radio“ hat eine ziemlich ungewöhnliche Stations-Architektur, die viele verschiedene Aufgaben erfüllt. Alle teilen sich eine gemeinsame technische Infrastruktur und das Personal. Etwa 30 Mitarbeiter sind für den Betrieb angestellt und eine typische Tagesschicht ist mit 5 bis 6 Funkern besetzt. Im Vergleich dazu gibt es nur 3 in der Nachtschicht.

Sicherheitsdienste:
Die wichtigste Sicherheitsrolle im System von „Stockholm Radio“/SDJ ist, daß es die Funktion des MRSC (Maritime Rescue Sub-Center) verkörpert. Es arbeitet als Nebenstelle von MRCC Göteborg unter einem Vertrag mit der Maritimen Verwaltung. Zuständig ist MRSC Stockholm für den gesamten Bereich des Schwedischen Such- und Rettungsgebietes (SRR). „Stockholm Radio“/MRSC ist außerdem das technische Zentrum für das UKW-DSC (Kanal 70) und das Grenzwellen-DSC (2187.5 kHz) -Seenotwachsystem. Zusätzlich werden von „Stockholm Radio“ alle Navigationswarnungen, Wetterberichte und sonstigen Sicherheitsinformationen sowie die schwedischen NAVAREA-Informationen in Telegrafie, Sprechfunk und über NAVTEX gesendet. Außerdem wird die Kordinierung und Zuteilung außerhalb der Dienststunden von hier vorgenommen.

Kommerzielle Dienstleistungen
„Stockholm Radio“ bietet immer noch die kommerziellen Funkdienste mit Ausnahme von Kurzwellen-Telegrafie.
Die Dienste sind:
500 kHz Sicherheitswache 
Grenzwellen-Telefonie 
Grenzwellen-Fischfangberichte 
Kanal 16 Sicherheitswache 
UKW-Telefonie 
Kurzwellen-Telefonie (Maritex Seaphone) 
Verwendung von Anrufen und Buchungen durch das Maritex Radiotelex System 
Maritex Kundendienst und Systemüberwachung außerhalb der normalen Dienstzeit

Die Versorgungsgebiete für die kommerziellen Dienste sind die gesamten schwedischen Küstengewässer, zusätzlich Kurzwellendienste für den Atlantik, den Indischen Ozean und das Mittelmeer. Andere Dienste sind die Verkehrskontrolle in den Häfen und die Lotsenüberwachung.
Das Verkehrsaufkommen hat sich seit Mitte 1980 langsam aber ständig vermindert, mit Ausnahme der Mittelwellen-Telegrafie, die nach Öffnung des Eisernen Vorhangs und Zunahme des Außenhandels der Russischen Förderation über die Ostseehäfen in den Jahren 1991-1995 mit einem Durchschnitt von etwa 40 Telegrammen täglich zunahm. Der UKW-Funkverkehr ist sehr unterschiedlich über das Jahr verteilt. Während in der Hochsaison in den Wochen der Sommerferien etwa 200-300 UKW-Anrufe eingehen, fällt das Verkehrsaufkommen außerhalb dieser Zeit auf einen ziemlich konstanten Pegel von etwa 30-50 Anrufen pro Tag.


Flugfunkdienste
Die Flugfunkdienste sind für den kommerziellen Flugverkehr bestimmt und haben die Aufgabe, den mit Kurzwelle ausgerüsteten Flugzeugen Kontakt mit ihren Firmen sowie gewöhnliche Telefongespräche zu ermöglichen, entweder durch AFTN/SITA-Meldungen oder telefonische Datenübertragung. Dienste dieser Art gibt es in Schweden seit 1967, angefangen hat es mit der Kurzwellenstation „Enköping Radio“/SAZ, seit 1980 wird dieser Dienst von „Stockholm Radio“ durchgeführt.
„Stockholm Radio“ hat etwa 300 Flugzeugoperateure als ständige Kunden und der Verkehr nimmt ständig zu. Ein Teil des Auswertungssystem für automatische KW-Datenübertragung ist bei „Stockholm Radio“ seit 1992 in Betrieb.
Eine Konsole für den Flugfunkdienst
Architektur des Systems
Der Kern des Systems ist das Schaltzentrum, das aus zwei GAREX 220-Sprachübertragungsanlagen und Kontrollschalter (VCCS) besteht. GAREX 220 ist ein computergesteuertes Schaltsystem, das von Navia Aviation in Norwegen hergestellt wurde und eigentlich für die Kontrolle des Flugverkehrs gedacht ist. Andere GAREX-Installationen für diesen Küstenfunk findet man in China, Estland, Island, Singapore, der Türkei und auf Taiwan. Alle Schalt- und Kontrollfunktionen werden im VCCS gemacht.
Es gibt zwei Arten von Konsolen, eine auf der Basis der X-Terminal-Graphischen Benutzeroberfläche (GUI), und eine, die herkömmliche beleuchtete Funktionsknöpfe verwendet. Die auf GUI-Basis arbeitenden Konsolen sind mit zwei UNIX-Servern per VCCS über eine Ethernet-Lan verbunden, und die auf Funktionsknopf-Basis arbeitenden Konsolen, die entweder direkt oder auch per Fernsteuerung bedient werden können, sind direkt an das VCCS angeschlossen.

Funktion als Küstenfunkstelle
Die Küstenfunkstelle hat im Mittelpunkt die Verkehrszentrale, in der die Not- und Anrufkanäle überwacht, sowie die Anmeldung von Funkgesprächen auf den Anrufkanälen entgegengenommen wird. In der Nacht und außerhalb der Hauptbetriebszeiten sind hier auch die UKW- und Grenzwellen-Duplex-Arbeitskanäle in Betrieb. Die Verkehrszentrale selbst hat 5 Arbeitskonsolen. Zwei zusätzliche Konsolen für MW-Telegrafie sowie für Wetter- und Navigations-Sendungen sind ebenfalls Teil der Verkehrszentrale. Bei hohem Verkehr in der Sommersaison können vier weitere Konsolen, ausschließlich für UKW-Duplex-Kanäle in Betrieb genommen und mit vorübergehend eingestelltem Personal betrieben werden.
Eine auf GUI basierende Arbeitskonsole hat eine Kapazität von 120 Kanälen, die aber in der Praxis nie benötigt werden. Eine mehr realistische Grenze liegt etwa bei 30-50 Kanälen pro Konsole. Jede Konsole hat bis zu sechs Lautsprecher, auf welche die jeweils benötigten Kanäle geschaltet werden können. Es befinden sich keine Funkgeräte oder ferngesteuerte Anlagen in der Küstenfunkstelle, X-Terminal Arbeitsplätze und passive Schaltstellen werden für alle Phasen der Systemkontrolle und Nachrichtenübertragung verwendet.

Das Netz der Küstenfunkstellen
Das verwendete Netzwerk besteht in erster Linie aus UKW-Feststationen die in möglichst hohen Gebäuden untergebracht sind. An der Ostseeküste werden in großem Umfang die Sendemasten von Mittelwellen- und Fernsehsendern verwendet, an denen die UKW-Antennen in etwa 300 Meter Höhe über dem Meeresspiegel angebracht sind. An der Westküste, wo nur eine geringere Reichweite erforderlich ist, werden die niedrigeren Masten des 900 MHz-Funktelefondienstes verwendet. Die Gesamtanzahl der UKW-Funkstellen beträgt circa 50, mit insgesamt ungefähr 250 Simplex- und Duplexkanälen. Soweit bekannt, ist dies das größte Seefunknetzwerk in der Welt.
Eine Feststation besteht aus einem Sender/Empfänger für Kanal 16, einem für Kanal 70 und mindestens noch einem zusätzlichen für die Duplex-Arbeitskanäle. Die verwendeten Sender/Empfänger sind gewöhnliche halbleiterbestückte UKW-FM-Gerätetypen.
Das Mittelwellen/Grenzwellen-Netz verwendet ausschließlich ferngesteuerte Sender und Empfänger an verschiedenen Plätzen in Küstennähe.

Bjuroklubb 
64 28.0 N, 21 36.0 E 444, 500, 518, 2182, 2187.5, 1779 kHz 
Harnösand-Hemso 
62 42.3 N, 18 07.5 E 444, 500, 2182, 2187.5 2733 kHz 
Stockholm Stavsnäs 
59 16.0 N, 18 42.8 E 519, 500, 518, 2182, 2187.5, 1674 kHz 
Gislovshammar 
55 29.2 N, 14 19.0 E 448, 500, 518, 2182, 2187.5, 1797 kHz 
Grimeton 
57 10.0 N, 12 20.0 E 521.5, 500, 2182, 2187.5, 1710 kHz

Die allgemein verwendeten Grenzwellen-Telefoniesender sind transistorisierte Standard Radio SST490 0.8 kW SSB/ISB-Typen die in vertikale, resonante Antennen eingespeist werden bzw. zusätzliche Rockwell/Collins HF-80 und S.P. Radio 1.2 kW Modelle an Plätzen, an denen der Antennenwirkungsgrad kritisch ist. Die ferngesteuerten Empfänger sind Standard Radio CR300 und CR90 Typen. ICOM IC-R71‘s und Drake RR-1‘s werden im allgemeinen für die Wachkanäle verwendet.
Für MW-Telegrafie und Navtex werden jeweils doppelte Nautel 1 kW-Transistorsender CW/MCW/FSK an jeder Station verwendet. Ein Wilcox Electric 96D 2 kW CW/MCW-Sender von 1943 wird immer noch als Reserve in betriebsbereitem Zustand bei einer der Stationen gehalten.

Infrastruktur der Funkdienste
Über Jahre hinweg wurde festgestellt, daß die für bestimmte Zwecke eingesetzten Funknetze, wie zum Beispiel Hafenverkehr, Eisbrecher und Verkehrskontrolle Mängel in Kapazität und Bedeckungsgebiet aufwiesen. Die hohe Betriebssicherheit des UKW-Küstenfunk-Systems war jahrelang bekannt und als das neue VCCS-System 1994 installiert wurde, mit den unbegrenzten Möglichkeiten für ferngesteuerte Arbeitskonsolen, wurden die Hafenfunkdienste von Öxelosund, (ca 80 km südwestlich von Stockholm) durch eine Verbindung mit der Infrastruktur von „Stockholm Radio“ versuchsweise ersetzt, mit gemeinsamer Benutzung des Kanal 16 und einer Handvoll Duplex-Kanälen sowie zwei Simplex-Kanälen.
Die Verbesserungen in der Bedienung der Anlagen und das größere Bedeckungsgebiet waren dramatisch und heute sind weitere acht Lotsen- und Hafenfunk-Systeme angeschlossen. Der Erfolg ist ein doppelter gewesen, einmal daß die hochwirksamen Kanal 16 und Duplex-Installationen besser ausgenutzt werden, und zweitens, daß weniger Kanäle für ein bestimmtes Gebiet erforderlich sind, da die Antennenhöhe weitaus größer ist als beim ursprünglichen System.
Von der technischen Infrastruktur von „Stockholm Radio“ wird auch beim neuen automatischen Identifizierungssystem (AIS) VHF-Transponder-Funkdienst gemacht, das die Bewegungen der mit einem AIS-Transponder ausgerüsteten Schiffe zur gleichen Zeit verfolgen kann. Ein sternförmiges Datenübertragungsnetz verbindet die individuellen Transponder zur zentralen Datenverarbeitungsanlage im Hauptquartier der maritimen Verwaltungsbehörde in Norrköping.
Das AIS-System macht Gebrauch vom STDMA-Schema (selbstorganisierendes zeitgeschaltetes System mit mehrfachem Zugang) gebaut nach dem schwedischen Erfinder Hakan Lans.

MRSC-Aufgaben
Das Stockholm/MRSC ist eine Unterabteilung der Funktionen des gesamten Netzwerkes, das sich auf zwei Arbeitsplätze konzentriert. Von jedem Arbeitsplatz haben die MRSC-Operateure Zugang zu allen Fernmeldeeinrichtungen, Funk- und Landleitungen im gesamten Netzwerk. Diese Einrichtungen können miteinander verbunden oder auf Wunsch verwendet werden, wodurch die Leitung des Such- und Rettungsdienstes mit leistungsfähigen Kommunikationssystemen und Kommandoanlagen ausgerüstet ist. Obwohl Göteborg/MRCC von der maritimen Verwaltung besetzt und bedient wird, und nicht mit einer Küstenfunkstelle verbunden ist, teilt es dieselbe Systemarchitektur und das Funknetz. Das Göteborg/MRCC hat mehrere Dienststellen und ist mit ihnen über Glasfiberkabel und Telefon-Fernleitungen verbunden.

Aufgaben im Flugfunkdienst
Im Flugfunkdienst wird kein Unterschied zwischen Anruf- und Arbeitskanälen gemacht, deshalb gibt es auch hier keine Verkehrszentrale. 6 Haupt- oder Anrufkanäle werden an bis zu vier Arbeitsplätzen per Lautsprecher überwacht. Hauptfrequenzen sind:

3494 kHz 22-05 UTC 
5541 kHz  h24 
8930 kHz  h24 
11345 kHz  h24 
13342 kHz  h24 
17916 kHz  h24 
23210 kHz  05-22 UTC

Die Arbeitsplätze waren ursprünglich für das Relais-gesteuerte KW-Verkehrssystem am früheren Standort der Station gedacht. Als das Projekt der Verlegung der Station voranschritt, merkte man, daß sie zu wertvoll waren um aufgelöst zu werden. Es wurde entschieden, daß eine Eingliederung in das VCCS-System durch normale mit Funktionsknöpfen ausgerüstete Arbeitskonsolen erfolgt.
Jeder Flugfunk-Operateur kann zwischen maximal 16 Empfängern, 12 Sendern und 18 Telefonleitungen sowie SELCAL auswählen und hat Zugang zu Computer-Datenbanken für Flugwetter-Informationen, und Nachrichten-Datenübermittlung an die Kunden.

Kurzwellen-Flugfunknetz
Das Kurzwellennetzwerk verwendet ebenso wie die UKW- und Mittelwellennetzwerke nur ferngesteuerte Empfänger und Sender. Die Sender befinden sich in zwei Anlagen in Orten in Westschweden, Karlsborg und Grimeton, die ursprünglich in den 1920er Jahren für Langwellen-Punkt-zu-Punktverkehr gebaut worden waren.
Eine große Anzahl Kurzwellensender wurde Mitte der 1960er Jahre installiert, um für den erwarteten stärkeren KW-Punkt-zu-Punktverkehr gerüstet zu sein, der aber nie eintrat. Stattdessen wurden die Anlagen hauptsächlich für mobile KW-Dienste eingesetzt.
Die Flugnavigationsdienste haben Zugang zu insgesamt 12 Kurzwellen-Einseitenbandsendern von AEG-Telefunken und Rockwell/Collins mit Ausgangsleistungen von 20, 10, 3 und 1 kW, die in logperiodische Antennen, Dipole und rhombische Strahler eingespeist werden.
Empfänger der Typen Standard Radio CR300, CR90 und ICOM IC-R71 sind in erster Linie in der Station „Enköping“, und zusätzlich auf der alten Empfangsstation von „Göteborg Radio“ und den Mittelwellen-Empfangsstationen entlang der Küste installiert. Die verwendeten Antenntypen sind eine Mischung aus TCI horizontal und vertikal polarisierten logperiodischen Gruppen, zusammen mit Dipolen und vertikalen Rundstrahlern.

Zukunft der Funkdienste von „Stockholm Radio“
Man sagt, es sei schwierig eine Voraussage für die Zukunft zu machen!
Die kommerzielle Sektion des Systems hat eine kombinierte jährliche Verkehrsauslastung von über 200.000 Transaktionen pro Jahr, die genügend Einnahmen mit sich bringen, um aus den roten Zahlen heraus zu bleiben. Im Moment sieht es so aus, als ob „Stockholm Radio“ eine einigermaßen gesicherte Zukunft für etwa die nächsten sieben Jahre hat, da die maritime Verwaltung einem langfristigen Verbleiben bei den Aufgaben der Schiffssicherheit zugestimmt hat. Es gibt Gründe anzunehmen, daß der blühende Mobil-Telefon-Markt weiter die Einnahmen vom Funkverkehr der Handelsschiffahrt und von privaten Booten verringern wird, vielleicht soweit, daß die kommerziellen Gesichtspunkte vernachlässigt werden können. Es wird erwartet, daß die Morsetelegrafie auf Mittelwelle bis einschließlich 2001 benutzt wird, unter Bezugnahme auf die neuesten Vorhersagen der maritimen Verwaltung. Die Zukunft des Flug-Sprechfunkdienstes auf Kurzwelle hängt davon ab, in wieweit alte Flugzeuge durch neue ersetzt werden. Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, daß der Erwerb von neuen Flugzeugen bei einer Fluggesellschaft zum Verkauf der alten Flugzeuge an eine mehr profitgierigere Gesellschaft führt, die normalerweise keine Investitionen in SATCOM macht, und meint, daß Kurzwelle ein genügend gutes Preis-Leistungsverhältnis für die Kommunikation der Firma bietet. Neue Flugzeuge sind in der Regel schon von Anfang an mit KW Datenlinks, ACARS und SATCOM ausgerüstet.
„Stockholm Radio“ feierte seinen 75. Geburtstag im Jahre 1989, die Wahrscheinlichkeit, daß die Station in irgendeiner Form noch ihren 100. Geburtstag feiern wird, hat sich erhöht. Es wäre in diesem Hinblick angebracht, eine alte Anekdote aus den Tagen der drahtlosen Telegrafie in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu erwähnen:
Ein in Eile befindlicher Kunde rennt zum Stockholmer Haupttelegrafenamt um ein Telegramm aufzugeben und fragt am Schalter, wann hier geschlossen wird. Der Beamte antwortet: „Wir schließen frühestens am Weltuntergang, aber ziemlich spät am Abend.“

Über den Autor:
Herr Karl-Arne Markström ist ein beratender Ingenieur bei Telia Mobile AB, Nacka Strand, Schweden, zuständig für den technischen Aufbau von Mobilfunksystemen. Eine seiner gegenwärtigen Aufgaben ist die Spezifikation zum Aufbau des VCCS-Systems von „Stockholm Radio“. Er steht in Verbindung mit der schwedischen Branche von URSI, der ITU-T-Studiengruppe B, der funktechnischen Kommission der maritimen Dienste und hat seit 1971 das Amateurrufzeichen SM0AOM.
 


Grußkarte von „Karlskrona Radio“/SAA
aus dem Jahre 1914

Logo 90 Jahre „Karlskrona Radio“/SAA

Die vier Collins 208U-10 10 kW-Sender.

Der letzte der 20 kW-Telefunken-Sender, der noch
in Betrieb ist.

Sechs Rockwell/Collins 3 kW HF Transistor-Sender

Das Sendergebäude


Die 5.2 bis 30 MHz logperiodische Antenne
von Telefunken


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Version 21-oct-99 / Rev.: 21-Aug-06 / 11-Jun-11 / HBu