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Wie
ein ,,Märchen aus uralten Zeilen" mutet heute der einfache Sender
von Marconi an. Diejenigen, die dafür nur ein Lächeln haben,
dürfen aber wohl darauf hingewiesen werden, dass mit diesem Sender
Marconi
die Möglichkeit eines drahtlosen Nachrichtenmittels unter Benutzung
von elektromagnetischen Wellen gezeigt hat. Und diejenigen, die schon etwas
von dem Gebiet verstehen und finden, dass der einfache
Marconi-Sender
von Bild 1 nichts anderes sei als eine Abart des schon vorher von Hertz
benutzten Dipols, verkennen das Verdienst des Erfinders: Hertz hat
zuerst elektromagnetische Wellen hergestellt, Marconi hat daraus ein technisches
Nachrichtenmittel entwickelt.
In unserem Lande haben sich an der Ausbildung der drahtlosen Telegraphie zwei Gruppen beteiligt: die Braun-Siemens- und die Slaby-Arco-Gruppe, die letztere in Verbindung mit der AEG. Nach anfänglichen Patent- und anderen Streitigkeiten kam es im Jahre 1903 am 27. Mai zu einer Fusion der beiden. Das Produkt dieser Verbindung war „Telefunken“. |
Eingebracht
wurde in diese Ehe von der „Braun-Siemens-Seite“ der Braunsche
gekoppelte Sender (Bild 2) nach DRP Nr. 111578 vom 14. Oktober 1898, bestehend
aus 1. einem Primärsystem, einem Kondensatorkreis mit Funkenstrecke
(Bild 3), aber ohne merkliche Strahlung, 2. einem Sekundärsystem,
der Antenne, mit Strahlung, aber ohne Funkenstrecke. Im Primärsystem
sollen die Schwingungen nach dem Vorgang von Feddersen erzeugt,
sie sollen durch Induktion auf das Sekundärsystem, die Antenne, übertragen
und von dieser als Wellen ausgestrahlt werden.
Sender Was man von dieser Schaltung auf alle Fälle erwartete, war die Möglichkeit, Wellen größerer Energie herzustellen als mit dem einfachen Sender nach Bild 1. Die Energie, die man bei diesem Sender der Antenne z. B. durch Ladung mit einem Funkeninduktor zuführen konnte, war proportional der Antennenkapazität und dem Quadrat der wirksamen Spannung zwischen Antenne und Erde. Da die Kapazität der Antennen zumal im Anfang sehr gering war, musste man mit der Spannung sehr hoch hinaufgehen, wenn man große Energie bekommen wollte. Das bedingte eine lange Funkenstrecke und damit, wie man annahm, eine starke Dämpfung der Schwingungen. |
Beim
gekoppelten Sender (Bild 2) konnte die Kapazität des Kondensatorkreises
sehr groß gemacht werden. Dadurch war es möglich, schon bei
mäßigen Spannungen und entsprechend geringen Isolationsschwierigkeiten
die zugeführte Energie beträchtlich zu steigern.
Was der Physiker am gekoppelten Sender schätzte, waren die verhältnismäßig klar definierten Verhältnisse. Beim einfachen Marconi-Sender war ihm nicht ganz wohl, weil man nicht sicher wusste, mit welchen Vorgängen man es zu tun hatte. Weit verbreitet war anfangs die Auffassung, dass Schwingungen sehr geringer Wellenlänge etwa wie beim Righi-Sender an der Funkenstrecke erzeugt werden, an der Antenne hoch wandern und dabei in den Raum ausgestrahlt werden. |
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Auf
Grund dieser Auffassung sah man in dem
Braunschen Sender ein Mittel,
um im Gegensatz zum einfachen Marconi-Sender, bei dem man sehr kurze
Wellen vermutete, mit viel längeren Wellen zu arbeiten.
Ein Vorteil, den man tatsächlich mit dem gekoppelten Sender erreichte und der unter den damaligen Verhältnissen viel wichtiger war, als man heute denkt, waren die viel geringeren Isolationsschwierigkeiten. Beim gekoppelten Sender bekommt nur der Primärkreis, der leicht zu isolieren ist, statische Ladung z.B. durch einen Funkeninduktor. Die Antenne erhält Hochfrequenzspannung, und zwar nur während der kurzen Zeit des Ablaufs einer Schwingung. Der Energieverlust bei mangelhafter Isolation ist also nur gering. Beim einfachen Sender führte damals die Isolation der Antenne, z. B. auf einem regen- oder seewassertriefenden Schiff, zu ganz großen Schwierigkeiten, die beim gekoppelten Sender beinahe wegfallen. Dass der Braunsche Sender dem einfachen Marconi-Sender in jeder Beziehung überlegen war, wurde im Anschluss an die Versuche auf der Straßburger Universität (Bild 4) durch praktische Versuche an und auf der Nordsee im Sommer 1899 von M. Cantor, dem 1. Assistenten von Braun, im Herbst 1899 und im Jahre 1900 von mir außer Zweifel gestellt. Telefunken hat den Braunschen Sender in allen Arten von Stationen bis 1907 benutzt. Braun hat zusammen mit Marconi den Nobel-Preis erhalten.
Der Wirkungsgrad des Löschfunkensenders ist viel höher als der des Braunschen Senders. Dazu kommt noch ein weiterer Vorteil, der auf einen Gedanken von R. A. Fessenden zurückgeht. Die Wiensche Löschfunkenanordnung gestattet die Verwendung sehr hoher Funkenzahlen, z. B. 500 in der Sekunde. Im Empfängertelephon entsteht dann ein hoher Ton von der Frequenz der Funkenfolge, z. B. 500 Hz. Er kann vom Funker insbesondere bei atmosphärischen Störungen viel besser gehört werden als das Knacken, das man hört, wenn man im Sender gewöhnliche Funkenstrecken mit geringer Funkenzahl verwendet. Man hatte solchen Sendern den despektierlichen Namen ,,Knallfunkensender" gegeben, und es war gelegentlich - natürlich mit Unrecht - behauptet worden, anfänglich sei die Entfernung, auf die man die akustischen Wellen des Funkens hören konnte, größer gewesen als die, in der die elektromagnetischen Wellen des Senders zu empfangen waren. |
Bei
diesen Knallfunkenstrecken war eine hohe Funkenzahl nicht verwendbar. Es
entsteht nämlich bei wachsender Funkenzahl eine Art Lichtbogen, der
eine Aufladung der Kondensatoren auf hohe Spannung nicht mehr zulässt.
Der Löschfunkensender hoher Funkenzahl - man sprach von „tönenden Funken" oder allgemein ,,Tonsendern" - hatte ein sprunghaftes Ansteigen der drahtlosen Stationen zur Folge, und noch am Anfang des ersten Weltkrieges war der Sender in Sayville, der amerika- nischen Gegenstation von Nauen, die den Verkehr mit Deutschland vermittelte, ein Löschfunkensender. Diese Senderart blieb wegen ihrer Robustheit und wegen des Vorzugs, dass ihre Sendung von jeder Art von Empfängern aufgenommen wurde, noch lange nachdem man schon Röhrensender hatte, für Hilfssender auf Rettungsbooten vorgeschrieben. Sie stellt die höchste Stufe eines Senders für gedämpfte Wellen dar. |
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Empfänger
Das ursprüngliche Gegenstück des einfachen Senders (Bild 1) war der einfache Empfänger (Bild 13), der später, als man im Empfänger die Resonanzeffekte besser ausnutzte, durch einen gekoppelten Empfänger entsprechend dem Braunschen Sender ersetzt wurde (Bild 14). Der Wellenanzeiger war bis ungefähr 1903 der bekannte Kohärer (Coherer) (Bild 15). Im praktischen Gebrauch war er durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet: 1. durch sehr unregelmäßige Empfindlichkeit 2. durch die Notwendigkeit, ihn nach Empfang eines Zeichens durch einen Klopfer für das nächste Zeichen aufnahmefähig zu machen 3. durch die Möglichkeit, Schreibempfang zu liefern. Er entsprach in dieser letzten Beziehung den damaligen Wünschen der Post. Sie war nämlich der Ansicht, dass eine ,,Telegraphie" nicht ernst zu nehmen sei, wenn sie die Telegramme nicht schwarz auf weiß lieferte. Die Entwicklung auf dem Gebiet ging in zwei Richtungen, die miteinander im Zusammenhang standen. Anlass dazu gab die ,,Launenhaftigkeit" des Kohärers. Zwar schwor jeder Drahtlosbeflissene auf die Zuverlässigkeit seines Kohärers, genau wie jeder Jäger auf die Folgsamkeit seines Dackels schwört, aber tatsächlich hatte wohl jeder unter der Tücke dieses launenhaften Instruments zu leiden. Dabei wurde gelegentlich ganz vergessen, dass der Kohärer eine Empfindlichkeit von ganz anderer Größenordnung als alle vorher bekannten Wellenanzeiger besaß und dadurch eine drahtlose Telegraphie erst ermöglicht hat. Jedenfalls war aber das Bedürfnis nach einem zuverlässigen Wellenanzeiger ganz allgemein. Es folgten von den verschiedensten Seiten - bei Telefunken z. B. von Schloemilch - elektrolytische Detektoren, die darin bestanden, dass in einem Elektrolyten die eine Elektrode (z. B. aus Platin) aus dickem Draht und die andere aus ganz feinem nur mit einer kurzen Spitze eintauchte. Eine solche Anordnung hat eine unsymmetrische Strom-Spannungs-Kennlinie und kann deshalb als Gleichrichter und damit als Detektor dienen. Dasselbe gilt von einer großen Zahl von Kombinationen von Metallen und Kristallen oder Halbleitern und auch von verschiedenen Kristallen gegeneinander, ganz besonders aber von Kristallen, z.B. Bleiglanz oder Pyrit, auf die eine Spitze von Metall als Kontakt gedrückt wird (Bild 16). Dass sich mit manchen Kristallen unsymmetrische Kennlinien erzielen lassen, hatte F. Braun schon 1891 gezeigt. Er hat auch später eindringlich auf die Verwendungsmöglichkeit solcher Kristalle als Detektoren hingewiesen. In der praktischen Verwendung für Zwecke der drahtlosen Telegraphie sind ihm aber andere zuvorgekommen. Diese Kristalldetektoren haben ein Jahrzehnt lang das Empfängerfeld vollkommen beherrscht. Sie bildeten eine Art Geheimwissenschaft: Jeder Funker schwor auf seinen Detektor und gab ihn niemand Anderem, nicht einmal zum Ansehen. Da diese Detektoren im Gegensatz zum Kohärer nach dem Aufhören eines Zeichens von selbst wieder für das nächste aufnahmebereit sind, ermöglichen sie eine telephonische Aufnahme von Telegraphiezeichen, die erst durch sie in allgemeinen Gebrauch kam und sich bis heute gehalten hat. Der Kristalldetektor hat schließlich der Elektronenröhre weichen müssen, ist aber bekanntlich bei den Ultrakurzwellen wieder zurückgekehrt. Inzwischen ging die Entwicklung der Detektoren ganz andere Wege. Schon 1904 hatte A. Wehnelt gefunden, dass eine evakuierte Röhre mit zwei Elektroden, von denen die eine kalt, die andere glühend ist, eine vollkommen unsymmetrische Charakteristik besitzt und als Ventil wirkt. I. A. Fleming hat 1905 wohl zuerst diese Erscheinung für Empfangszwecke ausgenützt. Sein Detektor, die ,,Fleming Valve", ist lange Zeit auf den Stationen der Marconi-Gesellschaft benutzt worden. Sie war das, was man später ,,Diode" oder „Zweipolröhre" nannte. Bei all diesen Detektoren rührt die Energie, die dem Telephon zugeführt wird, von den ankommenden Wellen her. Aber schon 1906 wurde die Lieben-Reiß-Röhre erfunden, ein Verstärker, bei dem die Energie der ankommenden Wellen nur zur Steuerung des „Anoden-Stromes“ aus einer lokalen Gleichstromquelle dient. Im selben Jahr hat auch Lee de Forest seine Elektronenröhre angemeldet, die später als Verstärker die Lieben-Reiß-Röhre völlig verdrängte. Meßinstrumente
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Antennen
Die ersten Antennen waren einfach ein vertikaler Draht, an dessen Fuß ein Strombauch, an dessen Spitze sich ein Stromminimum befand und dessen Eigenwellenlänge zwangsläufig ungefähr das Vierfache der Antennenhöhe, d. h. bei der noch handlichen Höhe von 30 m ungefähr 120 m war. Man arbeitete also in dem Frequenzgebiet der „Kurzwellen", wie man sie später nannte. Daran änderte sich nicht viel, als man den einfachen Draht durch ganz oder teilweise parallelgeschaltete Drähte, d. h. durch eine Art von Reuse ersetzte. Die unerwartete Folge davon war, dass die Kapitäne der Schiffe, die mit einer solchen Antenne beglückt wurden, darin eine Verunzierung ihres Schiffes sahen und sie, wie z. B. der Kapitän auf unserem Versuchsschiff, dem Bäderdampfer ,,Silvana", mit Namen belegten, die ich nicht zitieren möchte, da diese, obwohl ursprünglich platt, doch auch für nicht platt Sprechende verständlich sein würden. Die Erkenntnis, dass die Feldstärke der Wellen eine Antenne in einer gegen die Wellenlänge großen Entfernung dem Mittelwert des Stroms im vertikalen Teil der Antenne proportional ist, führte dazu, diesen Strommittelwert durch Kapazitäten an der Spitze bei vorgegebener Antennenhöhe zu verstärken. So entstanden die „Schirm-" und „Dachantennen" (Bild 17). Das hatte zur Folge, dass der Strom an allen Stellen des vertikalen Teils nahezu denselben Wert und bei demselben Strom am Fußpunkt der Antenne einen sehr viel größeren Mittelwert erhielt als bei einem einfachen vertikalen Draht und dass man allmählich in das Gebiet immer größerer Wellenlängen geriet, tatsächlich bis etwa 20000 m, und damit schon in das Gebiet von Tesla-Versuchen kam. Die Langwellenstation von Nauen hatte eine Art Dachantenne, deren Eigenwellenlänge rund 5000 m betrug. Diese Erhöhung der Wellenlänge und die damit verbundene Erniedrigung der Frequenz waren - wie die Versuche zeigten - im Gegensatz zu der ursprünglichen Anschauung über die Ausbreitung |
der
Wellen nur günstig, solange man im Gebiet der „Oberflächenwellen",
wie man es später nannte, arbeitete. Das traf immer zu.
Aus theoretischen Überlegungen war auch der Grund für dieses Verhalten klar geworden: Je größer die Wellenlänge ist, desto geringer ist die Absorption der Wellen bei ihrer Fortpflanzung längs der Erdoberfläche und um so größer die Intensität, die sie in einer bestimmten Entfernung besitzen. Bei der drahtlosen Telegraphie kommt es ja nicht darauf an, was der Sender aussendet, sondern darauf, was beim Empfänger ankommt. Antennen mit Richtwirkung wurden schon im Funkenzeitalter angegeben und es waren auch schon Versuche mit ihnen gemacht worden. Ihre Richtwirkung war aber schon wegen der im Verhältnis zur Antennendimension großen Wellenlängen, die man damals verwandte, so bescheiden, dass sie keine Bedeutung für gerichtetes Senden erlangten. Wohl aber ist damals schon die Rahmenantenne entwickelt worden, die sehr rasch die normale Empfangsantenne und das normale Peiler-Gerät wurde. Dass man mit ihr die Feldstärke der ankommenden Wellen in absolutem Maß messen konnte, hat F. Braun schon im Jahre 1906 in Straßburg an den Wellen der Eiffelturm-Station in Paris gezeigt. Man neigt dazu, auf das Funkenzeitalter mit einem gewissen Mitleid zurückzusehen. Mitleid mit den Praktikern, die sich damals mit Funkenstrecken und den hohen Spannungen der Funkensender und im Empfänger mit Kohärer und Kristalldetektor herumzuschlagen hatten, und Mitleid mit den Theoretikern, denen die Dämpfung ihre Gleichungen komplizierte. Aber es war auch die interessante romantische Zeit der drahtlosen Telegraphie, in der man besonders im Empfänger aus der ganzen Physik alles zusammenholte und ausprobierte, was dem neuen Nachrichtenmittel dienen konnte. Es war außerdem die Zeit, in der man in das gelobte Land der ungedämpften Schwingungen nicht nur mit Sehnsucht hineinsah, sondern sich auch anschickte, es auf den verschiedensten Wegen zu betreten. |