Die Zeit des Funkensenders
Aufsatz von Jonathan Zenneck - Erstveröffentlicht in der Jubiläumsschrift "50 Jahre Telefunken" (Mai 1953)
Abdruck mit freundl. Genehmigung der EHG Frankfurt

Wie ein ,,Märchen aus uralten Zeilen" mutet heute der einfache Sender von Marconi an. Diejenigen, die dafür nur ein Lächeln haben, dürfen aber wohl darauf hingewiesen werden, dass mit diesem Sender Marconi die Möglichkeit eines drahtlosen Nachrichtenmittels unter Benutzung von elektromagnetischen Wellen gezeigt hat. Und diejenigen, die schon etwas von dem Gebiet verstehen und finden, dass der einfache Marconi-Sender von Bild 1 nichts anderes sei als eine Abart des schon vorher von Hertz benutzten Dipols, verkennen das Verdienst des Erfinders: Hertz hat zuerst elektromagnetische Wellen hergestellt, Marconi hat daraus ein technisches Nachrichtenmittel entwickelt. 
In unserem Lande haben sich an der Ausbildung der drahtlosen Telegraphie zwei Gruppen beteiligt: die Braun-Siemens- und die Slaby-Arco-Gruppe, die letztere in Verbindung mit der AEG. Nach anfänglichen Patent- und anderen Streitigkeiten kam es im Jahre 1903 am 27. Mai zu einer Fusion der beiden. Das Produkt dieser Verbindung war „Telefunken“. 
Eingebracht wurde in diese Ehe von der „Braun-Siemens-Seite“ der Braunsche gekoppelte Sender (Bild 2) nach DRP Nr. 111578 vom 14. Oktober 1898, bestehend aus 1. einem Primärsystem, einem Kondensatorkreis mit Funkenstrecke (Bild 3), aber ohne merkliche Strahlung, 2. einem Sekundärsystem, der Antenne, mit Strahlung, aber ohne Funkenstrecke. Im Primärsystem sollen die Schwingungen nach dem Vorgang von Feddersen erzeugt, sie sollen durch Induktion auf das Sekundärsystem, die Antenne, übertragen und von dieser als Wellen ausgestrahlt werden.
Sender
Was man von dieser Schaltung auf alle Fälle erwartete, war die Möglichkeit, Wellen größerer Energie herzustellen als mit dem einfachen Sender nach Bild 1. Die Energie, die man bei diesem Sender der Antenne z. B. durch Ladung mit einem Funkeninduktor zuführen konnte, war proportional der Antennenkapazität und dem Quadrat der wirksamen Spannung zwischen Antenne und Erde. Da die Kapazität der Antennen zumal im Anfang sehr gering war, musste man mit der Spannung sehr hoch hinaufgehen, wenn man große Energie bekommen wollte. Das bedingte eine lange Funkenstrecke und damit, wie man annahm, eine starke Dämpfung der Schwingungen.
Beim gekoppelten Sender (Bild 2) konnte die Kapazität des Kondensatorkreises sehr groß gemacht werden. Dadurch war es möglich, schon bei mäßigen Spannungen und entsprechend geringen Isolationsschwierigkeiten die zugeführte Energie beträchtlich zu steigern.
Was der Physiker am gekoppelten Sender schätzte, waren die verhältnismäßig klar definierten Verhältnisse. Beim einfachen Marconi-Sender war ihm nicht ganz wohl, weil man nicht sicher wusste, mit welchen Vorgängen man es zu tun hatte. Weit verbreitet war anfangs die Auffassung, dass Schwingungen sehr geringer Wellenlänge etwa wie beim Righi-Sender an der Funkenstrecke erzeugt werden, an der Antenne hoch wandern und dabei in den Raum ausgestrahlt werden. 
Bild 3: Knallfunkenstrecke
Auf Grund dieser Auffassung sah man in dem Braunschen Sender ein Mittel, um im Gegensatz zum einfachen Marconi-Sender, bei dem man sehr kurze Wellen vermutete, mit viel längeren Wellen zu arbeiten.
Ein Vorteil, den man tatsächlich mit dem gekoppelten Sender erreichte und der unter den damaligen Verhältnissen viel wichtiger war, als man heute denkt, waren die viel geringeren Isolationsschwierigkeiten. Beim gekoppelten Sender bekommt nur der Primärkreis, der leicht zu isolieren ist, statische Ladung z.B. durch einen Funkeninduktor. Die Antenne erhält Hochfrequenzspannung, und zwar nur während der kurzen Zeit des Ablaufs einer Schwingung. Der Energieverlust bei mangelhafter Isolation ist also nur gering. Beim einfachen Sender führte damals die Isolation der Antenne, z. B. auf einem regen- oder seewassertriefenden Schiff, zu ganz großen Schwierigkeiten, die beim gekoppelten Sender beinahe wegfallen.
Dass der Braunsche Sender dem einfachen Marconi-Sender in jeder Beziehung überlegen war, wurde im Anschluss an die Versuche auf der Straßburger Universität (Bild 4) durch praktische Versuche an und auf der Nordsee im Sommer 1899 von M. Cantor, dem 1. Assistenten von Braun, im Herbst 1899 und im Jahre 1900 von mir außer Zweifel gestellt. Telefunken hat den Braunschen Sender in allen Arten von Stationen bis 1907 benutzt. Braun hat zusammen mit Marconi den Nobel-Preis erhalten.
Bild 4: Loboratorium der Universität Straßburg
Von links nach rechts: J. Zenneck, F. Braun und M. Cantor
Nicht ganz gehalten hat der Braunsche Sender das. was man von ihm bezüglich der Resonanzschärfe bei der Wirkung auf den Resonanzkreis des Empfängers erwartete. Der Fehler lag nicht daran, dass der Sender nicht genügend leistete, sondern daran, dass man die Vorgänge in ihm nicht richtig auffasste und sich deshalb zu viel von ihm versprach. Bei einem einfachen Sender ist es richtig, dass die Resonanzschärfe durch seine Dämpfung bestimmt ist. Beim Braunschen Sender handelt es sich aber um ein gekoppeltes System. Es ist nicht so, dass die Schwingungen des Primärkreises nur auf das Sekundärsystem (die Antenne) übertragen werden, wie das beabsichtigt war, sondern die Antenne induziert auch auf den Primärkreis zurück. Die Folge sind zwei sogenannte Kopplungsschwingungen mit verschiedenen, aber in beiden Systemen gleichen Frequenzen, die auch dann, wenn die Eigenfrequenzen der beiden Systeme dieselben sind, in diesen entstehen.
Ist die Kopplung verhältnismäßig lose, wie es beim Braunschen Sender stets der Fall war, so sind die Frequenzen der beiden Kopplungsschwingungen nicht sehr verschieden, und die Schwingung in beiden Systemen bekommt den Charakter einer Schwebung (Bild 5). Bei der Wirkung auf einen Resonanzkreis hat die Resonanzkurve nicht wie bei einem einfachen System die Form von Bild 6, sondern die von Bild 7: Die Resonanzschärfe ist also infolge des Vorhandenseins der beiden Kopplungsschwingungen geringer, als ihrer Dämpfung entspricht.
Diesen Mangel hat eine Anordnung beseitigt, über die Professor Max Wien in der Naturforscher-Versammlung 1906 in Stuttgart vorgetragen und die den Namen „Löschfunken-Sender" erhalten hat. Nach Bild 5 erreicht die Amplitude bei einem gekoppelten Sender im Primärsystem nach einem Viertel einer Schwebung ein Minimum, im Sekundärsystem ein Maximum. Bei einer gewöhnlichen Funkenstrecke, auf die sich Bild 5 bezieht, und die in einem Braunschen Sender tatsächlich gebraucht wurde, zündet der Strom im Primärkreis nach Überschreiten des Minimums wieder. Man kann aber durch Wahl einer geeigneten Funkenstrecke, einer ,,Löschfunkenstrecke", erreichen - darin besteht eben die Erfindung von Wien -, dass sie nicht wieder einsetzt. Das Primärsystem wird dann durch das Löschen der Funkenstrecke ausgeschaltet und das Sekundärsystem schwingt mit der ihm eigenen Dämpfung weiter, ohne von dem Primärsystem beeinflusst zu werden (Bild 8). Die Schaltung eines solchen „Löschfunkensenders" (Bild 9} ist also genau dieselbe wie bei einem Braunschen Sender, der ganze Unterschied liegt in der Funkenstrecke. Telefunken hat die Methode in vorzüglicher Weise durch Einführung einer Serien-Funkenstrecke (Bild 10) ausgebildet, deren einzelne kreisförmige Elemente im Schnitt die in Bild 11 erkennbare Form besitzen. Sie hat den Zweck, die Entionisierung möglichst zu unterstützen. Die Kühlrippen (kreisförmige Kupferplatten von größerem Durchmesser zwischen je zwei Elementen) verhindern, dass die Platten überhitzt werden und gegebenenfalls Elektronen emittieren. Der geringe Abstand zwischen den Platten bedingt eine große Feldstärke zwischen ihnen. Dadurch werden auf die Ionen erhebliche Kräfte ausgeübt, und infolge des kurzen Weges sind sie schnell an den Elektroden ausgeschieden. Der Wasserstoff, den man zwischen den Platten durchleitet, sorgt für möglichst große lonenbeweglichkeit.
Der Wirkungsgrad des Löschfunkensenders ist viel höher als der des Braunschen Senders. Dazu kommt noch ein weiterer Vorteil, der auf einen Gedanken von R. A. Fessenden zurückgeht. Die Wiensche Löschfunkenanordnung gestattet die Verwendung sehr hoher Funkenzahlen, z. B. 500 in der Sekunde. Im Empfängertelephon entsteht dann ein hoher Ton von der Frequenz der Funkenfolge, z. B. 500 Hz. Er kann vom Funker insbesondere bei atmosphärischen Störungen viel besser gehört werden als das Knacken, das man hört, wenn man im Sender gewöhnliche Funkenstrecken mit geringer Funkenzahl verwendet. Man hatte solchen Sendern den despektierlichen Namen ,,Knallfunkensender" gegeben, und es war gelegentlich - natürlich mit Unrecht - behauptet worden, anfänglich sei die Entfernung, auf die man die akustischen Wellen des Funkens hören konnte, größer gewesen als die, in der die elektromagnetischen Wellen des Senders zu empfangen waren. 
Bei diesen Knallfunkenstrecken war eine hohe Funkenzahl nicht verwendbar. Es entsteht nämlich bei wachsender Funkenzahl eine Art Lichtbogen, der eine Aufladung der Kondensatoren auf hohe Spannung nicht mehr zulässt. 
Der Löschfunkensender hoher Funkenzahl - man sprach von „tönenden Funken" oder allgemein ,,Tonsendern" - hatte ein sprunghaftes Ansteigen der drahtlosen Stationen zur Folge, und noch am Anfang des ersten Weltkrieges war der Sender in Sayville, der amerika- nischen Gegenstation von Nauen, die den Verkehr mit Deutschland vermittelte, ein Löschfunkensender.
Diese Senderart blieb wegen ihrer Robustheit und wegen des Vorzugs, dass ihre Sendung von jeder Art von Empfängern aufgenommen wurde, noch lange nachdem man schon Röhrensender hatte, für Hilfssender auf Rettungsbooten vorgeschrieben. Sie stellt die höchste Stufe eines Senders für gedämpfte Wellen dar.
Bild 12: 100 KW Löschfunkensender in Nauen (1912)
Empfänger
Das ursprüngliche Gegenstück des einfachen Senders (Bild 1) war der einfache Empfänger (Bild 13), der später, als man im Empfänger die Resonanzeffekte besser ausnutzte, durch einen gekoppelten Empfänger entsprechend dem Braunschen Sender ersetzt wurde (Bild 14).
Der Wellenanzeiger war bis ungefähr 1903 der bekannte Kohärer (Coherer) (Bild 15). Im praktischen Gebrauch war er durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet:
1. durch sehr unregelmäßige  Empfindlichkeit
2. durch  die Notwendigkeit,  ihn nach Empfang eines Zeichens durch einen Klopfer für das nächste Zeichen aufnahmefähig zu machen
3. durch die Möglichkeit, Schreibempfang zu  liefern. Er entsprach in dieser letzten  Beziehung den damaligen Wünschen der Post. Sie war nämlich der Ansicht, dass eine ,,Telegraphie" nicht ernst zu nehmen sei, wenn sie die Telegramme nicht schwarz auf weiß lieferte.
Die Entwicklung auf dem Gebiet ging in zwei Richtungen, die miteinander im Zusammenhang standen. Anlass dazu gab die ,,Launenhaftigkeit" des Kohärers. Zwar schwor jeder Drahtlosbeflissene auf die Zuverlässigkeit seines Kohärers, genau wie jeder Jäger auf die Folgsamkeit seines Dackels schwört, aber tatsächlich hatte wohl jeder unter der Tücke dieses launenhaften Instruments zu leiden. Dabei wurde gelegentlich ganz vergessen, dass der Kohärer eine Empfindlichkeit von ganz anderer Größenordnung als alle vorher bekannten Wellenanzeiger besaß und dadurch eine drahtlose Telegraphie erst ermöglicht hat. Jedenfalls war aber das Bedürfnis nach einem zuverlässigen Wellenanzeiger ganz allgemein.
So hatte schon früh Marconi auf Grund von Versuchen von Rutherford seinen ,,magnetic detector" eingeführt, der manche Ähnlichkeit mit dem Poulsenschen Telegraphon, dem Vorgänger des Magnetophons, hatte.
Es folgten von den verschiedensten Seiten - bei Telefunken z. B. von Schloemilch - elektrolytische Detektoren, die darin bestanden, dass in einem Elektrolyten die eine Elektrode (z. B. aus Platin) aus dickem Draht und die andere aus ganz feinem nur mit einer kurzen Spitze eintauchte. Eine solche Anordnung hat eine unsymmetrische Strom-Spannungs-Kennlinie und kann deshalb als Gleichrichter und damit als Detektor dienen. Dasselbe gilt von einer großen Zahl von Kombinationen von Metallen und Kristallen oder Halbleitern und auch von verschiedenen Kristallen gegeneinander, ganz besonders aber von Kristallen, z.B. Bleiglanz oder Pyrit, auf die eine Spitze von Metall als Kontakt gedrückt wird (Bild 16). Dass sich mit manchen Kristallen unsymmetrische Kennlinien erzielen lassen, hatte F. Braun schon 1891 gezeigt. Er hat auch später eindringlich auf die Verwendungsmöglichkeit solcher Kristalle als Detektoren hingewiesen. In der praktischen Verwendung für Zwecke der drahtlosen Telegraphie sind ihm aber andere zuvorgekommen. Diese Kristalldetektoren haben ein Jahrzehnt lang das Empfängerfeld vollkommen beherrscht. Sie bildeten eine Art Geheimwissenschaft: Jeder Funker schwor auf seinen Detektor und gab ihn niemand Anderem, nicht einmal zum Ansehen.
Da diese Detektoren im Gegensatz zum Kohärer nach dem Aufhören eines Zeichens von selbst wieder für das nächste aufnahmebereit sind, ermöglichen sie eine telephonische Aufnahme von Telegraphiezeichen, die erst durch sie in allgemeinen Gebrauch kam und sich bis heute gehalten hat. Der Kristalldetektor hat schließlich der Elektronenröhre weichen müssen, ist aber bekanntlich bei den Ultrakurzwellen wieder zurückgekehrt. Inzwischen ging die Entwicklung der Detektoren ganz andere Wege. Schon 1904 hatte A. Wehnelt gefunden, dass eine evakuierte Röhre mit zwei Elektroden, von denen die eine kalt, die andere glühend ist, eine vollkommen unsymmetrische Charakteristik besitzt und als Ventil wirkt. I. A. Fleming hat 1905 wohl zuerst diese Erscheinung für Empfangszwecke ausgenützt. Sein Detektor, die ,,Fleming Valve", ist lange Zeit auf den Stationen der Marconi-Gesellschaft benutzt worden. Sie war das, was man später ,,Diode" oder „Zweipolröhre" nannte. Bei all diesen Detektoren rührt die Energie, die dem Telephon zugeführt wird, von den ankommenden Wellen her. Aber schon 1906 wurde die Lieben-Reiß-Röhre erfunden, ein Verstärker, bei dem die Energie der ankommenden Wellen nur zur Steuerung des „Anoden-Stromes“ aus einer lokalen Gleichstromquelle dient. Im selben Jahr hat auch Lee de Forest seine Elektronenröhre angemeldet, die später als Verstärker die Lieben-Reiß-Röhre völlig verdrängte.

Meßinstrumente
Eine der Hauptschwierigkeiten im Anfang der drahtlosen Telegraphie war das Fehlen von Messinstrumenten. Gewöhnlich maß man mit Funkenstrecken regelbarer Länge, die man zwischen zwei Punkte des Senders legte, um die Spannung zwischen ihnen durch die Schlagweite zu messen. Man würde aber häufig in die größte Verlegenheit gekommen sein, wenn man gefragt worden wäre, welche Spannung man mit dieser Schlagweite eigentlich misst.
Viel besser war schon die Strommessung mit einem Hitzedraht-Instrument, das keinen Nebenanschluss haben durfte, wie die technischen Hitzdraht-Strommesser, da seine Angaben sonst frequenzabhängig geworden wären. Sie bekamen den sehr ungeeigneten Namen ,,Wattmeter" und waren meist trotz einer besonderen Sicherung, durchgebrannt. In der Zeit, in der sie noch nicht durchgebrannt waren, konnten sie natürlich eben nur den effektiven Stromwert anzeigen, der keineswegs allein von der Anfangsamplitude des Stroms, sondern auch von der Funkenzahl in der Sekunde und von der Art und Stärke der Dämpfung abhängt. Trotzdem waren es sehr wichtige Instrumente, aus deren Angaben man doch (z.B. bei konstanter Funkenzahl und Dämpfung) wertvolle Schlüsse ziehen konnte. Nicht ganz so wichtig, wie man erwarten sollte, war im Anfang die Braunsche Röhre. Sie wurde aber allmählich so weit ausgebildet, dass ihre Lichtstärke auch für die hohen Frequenzen der damaligen drahtlosen Telegraphie ausreichte. Bekanntlich ist sie ein unentbehrliches Hilfsmittel des HF-Physikers geworden, mit dem er in seine Stromkreise unmittelbar hineinsehen kann, wie der Mediziner mit der Röntgenröhre in den Patienten.
Von ganz besonderer Wichtigkeit wurden die Frequenzmesser, damals mit dem Namen "Wellenmesser" bezeichnet. Sie bestanden in der Regel aus einem Kondensatorkreis mit regelbarer und für jede Einstellung bekannter Frequenz, auf den man die zu untersuchende Schwingung in extrem loser Koppelung induzieren ließ und für jede Einstellung die Angabe des in dem Kreis vorhandenen oder mit ihm gekoppelten Strommessers ablas. Derjenige, den ich einführte, hatte feste, wenn auch auswechselbare Kondensatoren und veränderliche Induktivität; der daraus abgeleitete und viel bequemere von Franke und Doenitz hatte einen regelbaren ,,Drehkondensator" und feste, wenn auch auswechselbare Induktivität.
Dass diese für das Gebiet der drahtlosen Telegraphie entwickelten Messinstrumente weit über dieses Gebiet hinaus Anwendung gefunden haben, ist bekannt.

Bild 17: Station Nauen 1906
Antennen
Die ersten Antennen waren einfach ein vertikaler Draht, an dessen Fuß ein Strombauch, an dessen Spitze sich ein Stromminimum befand und dessen Eigenwellenlänge zwangsläufig ungefähr das Vierfache der Antennenhöhe, d. h. bei der noch handlichen Höhe von 30 m ungefähr 120 m war. Man arbeitete also in dem Frequenzgebiet der „Kurzwellen", wie man sie später nannte. Daran änderte sich nicht viel, als man den einfachen Draht durch ganz oder teilweise parallelgeschaltete Drähte, d. h. durch eine Art von Reuse ersetzte. Die unerwartete Folge davon war, dass die Kapitäne der Schiffe, die mit einer solchen Antenne beglückt wurden, darin eine Verunzierung ihres Schiffes sahen und sie, wie z. B. der Kapitän auf unserem Versuchsschiff, dem Bäderdampfer ,,Silvana", mit Namen belegten, die ich nicht zitieren möchte, da diese, obwohl ursprünglich platt, doch auch für nicht platt Sprechende verständlich sein würden. Die Erkenntnis, dass die Feldstärke der Wellen eine Antenne in einer gegen die Wellenlänge großen Entfernung dem Mittelwert des Stroms im vertikalen Teil der Antenne proportional ist, führte dazu, diesen Strommittelwert durch Kapazitäten an der Spitze bei vorgegebener Antennenhöhe zu verstärken. So entstanden die „Schirm-" und „Dachantennen" (Bild 17).
Das hatte zur Folge, dass der Strom an allen Stellen des vertikalen Teils nahezu denselben Wert und bei demselben Strom am Fußpunkt der Antenne einen sehr viel größeren Mittelwert erhielt als bei einem einfachen vertikalen Draht und dass man allmählich in das Gebiet immer größerer Wellenlängen geriet, tatsächlich bis etwa 20000 m, und damit schon in das Gebiet von Tesla-Versuchen kam. Die Langwellenstation von Nauen hatte eine Art Dachantenne, deren Eigenwellenlänge rund 5000 m betrug.
Diese Erhöhung der Wellenlänge und die damit verbundene Erniedrigung der Frequenz waren - wie die Versuche zeigten - im Gegensatz zu der ursprünglichen Anschauung über die Ausbreitung 
der Wellen nur günstig,  solange man im Gebiet der „Oberflächenwellen", wie man es später nannte, arbeitete. Das traf immer zu. 
Aus theoretischen Überlegungen war auch der Grund für dieses Verhalten klar geworden: Je größer die Wellenlänge ist, desto geringer ist die Absorption der Wellen bei ihrer Fortpflanzung längs der Erdoberfläche und um so größer die Intensität, die sie in einer bestimmten Entfernung besitzen. Bei der drahtlosen Telegraphie kommt es ja nicht darauf an, was der Sender aussendet, sondern darauf, was beim Empfänger ankommt.
Antennen mit Richtwirkung wurden schon im Funkenzeitalter angegeben und es waren auch schon Versuche mit ihnen gemacht worden. Ihre Richtwirkung war aber schon wegen der im Verhältnis zur Antennendimension großen Wellenlängen, die man damals verwandte, so bescheiden, dass sie keine Bedeutung für gerichtetes Senden erlangten. Wohl aber ist damals schon die Rahmenantenne entwickelt worden, die sehr rasch die normale Empfangsantenne und das normale Peiler-Gerät wurde. Dass man mit ihr die Feldstärke der ankommenden Wellen in absolutem Maß messen konnte, hat F. Braun schon im Jahre 1906 in Straßburg an den Wellen der Eiffelturm-Station in Paris gezeigt.
Man neigt dazu, auf das Funkenzeitalter mit einem gewissen Mitleid zurückzusehen. Mitleid mit den Praktikern, die sich damals mit Funkenstrecken und den hohen Spannungen der Funkensender und im Empfänger mit Kohärer und Kristalldetektor herumzuschlagen hatten, und Mitleid mit den Theoretikern, denen die Dämpfung ihre Gleichungen komplizierte.
Aber es war auch die interessante romantische Zeit der drahtlosen Telegraphie, in der man besonders im Empfänger aus der ganzen Physik alles zusammenholte und ausprobierte, was dem neuen Nachrichtenmittel dienen konnte. Es war außerdem die Zeit, in der man in das gelobte Land der ungedämpften Schwingungen nicht nur mit Sehnsucht hineinsah, sondern sich auch anschickte, es auf den verschiedensten Wegen zu betreten.
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Version: 10-Nov-03 / Rev.: 11-Jun-11 / HBu