DS Cap Polonio / DDCT
Abbildungen: H.G. Korth / Telefunken (2) und Deutsche Post Berlin (1)  - 

Quelle:Telefunken
Quelle: Telefunken
Die "Cap Polonio wurde 1913/14 von der Hamburger Werft Blohm & Voss gebaut. Über die Funkausrüstung bei der Fertigstellung im Jahr 1914 ist leider Nichts bekannt. Durch die weiter unten beschriebene sehr verzögerte Indienststellung für die Reederei "Hamburg-Süd" kam es 1921/22 zu der oben dargestellten damals neuen und zeitgemässen Ausrüstung mit Funkgeräten.
Oben links:   Die Sendeanlage (Stand: Januar 1922)   Das Foto zeigt den Langwellen-Röhrensender CP I. Es handelt sich dabei um den Erst-Einbau eines Röhrensenders auf einem deutschen Handelsschiff. Aus den Anfangsbuchstaben des Schiffsnamens "Cap Polonio"  entstand die Sender-Bezeichnung CP. Der einstufige Sender leistete 1 KW und war in dieser ersten Ausführung nur für die Frequenz 2100 m (143 kHz) konzipiert, als Sendeart war lediglich unmodulierte Telegrafie (A1) möglich. Der im Foto gut erkennbare Röhrenträger enthält zwei Gleichrichterröhren RG 46 und eine Senderöhre RS 47. 
Oben rechts:  Die Empfangsanlage und die Schalttafel (Stand: Januar 1922)  Die Empfangsanlage besteht aus einem 2-Kreis-Detektorempfänger E5c der ab 1908 von Telefunken gebaut wurde. Der Empfangsbereich des E-5c lag zwischen 100 und 1500 kHz. Rechts daneben steht - ganz unscheinbar - der erste im Seefunk verwendete deutsche Röhrenempfänger, der E266 von Telefunken (gebaut ab 1921 / 1 Röhre RE 11). Über dem E 266 hängt ein NF-Verstärker EV 285 (zwei Röhren) an der Wand, über der Stationsuhr befindet sich der Antennenkoppler. Ganz rechts im Bild steht - als Notsender - ein Löschfunkensender TK 05  von Telefunken. (Ansicht von der Seite, gut erkennbar an der oben aufgesetzten Serien-Funkenstrecke mit dem Knebel darüber) 
Bei Indienststellung des Schiffes 1914 war das Rufzeichen der "Cap Polonio" DEA, nach dem ersten Weltkrieg wechselte der erste Buchstabe der Rufzeichen deutscher Schiffe auf "Q", ab 1. Januar 1934 war das Rufzeichen des Schiffes DDCT. 
Dr. Gerhard Canzler schreibt in seinem Buch "Norddeich Radio  1905-1998"  auf Seite 62: "Der Nachweis, Röhrensender auf Langwelle erfolgreich für den Fernverkehr der Nachrichtenübermittlung einzusetzen, wurde erbracht, als die Hauptfunkstelle Norddeich bei Reichweitenversuchen für Telegraphie Anfang Mai 1922 von dem mit einem Röhrensender augestatteten Fahrgastschiff "Cap Polonio" auf der Reise nach Südamerika aus einer Entfernung von 6000 km vereinbarte Morsezeichen einwandfrei aufnehmen konnte. Mit Hilfe einer verbesserten, selbstgebauten Empfangseinrichtung konnte ein telephonischer Kontakt bis zur Höhe von Dieppe (Nordfrankreich) aufrecht erhalten werden. Während einer weiteren Reise im Juni des gleichen Jahres bestand trotz sommerlicher Luftstörungen Wechselverkehr bis zur Biskaya, nachts sogar bis Las Palmas"  und weiter: "Aufgrund dieser insgesamt positiven Ergebnisse genehmigte das Reichspost-Ministerium mit Verfügung vom 21. September 1922 die Aufnahme des allgemeinen öffentlichen Funkverkehrs für grosse Entfernungen."
(Anmerkung des Verfassers: Die o.g. Telephonieversuche können nur eine Art "Einseitiger Dienst" gewesen sein, für den Norddeich Radio einen dort vorhandenen Sender ARS 78 einsetzte. Auf der "Cap Polonio" befand sich zum o.g. Zeitpunkt kein A3-fähiger Sender) 
Deutsche Bundespost Berlin
Die "Cap Polonio" wurde 1913 bis 1915 als Baunummer 221 von der Hamburger Werft Blohm & Voss für die Reederei "Hamburg-Süd" gebaut. Der Stapellauf fand am 25. März 1914 statt. Das 190 Meter lange, 22,1 Meter breite und mit 20576 BRT / 9941 NRT vermessene Schiff war im November des Kriegsjahres 1914 fast fertig gestellt, als es von der Kaiserlichen Marine konfisziert wurde. Diese liess es zu einem Hilfskreuzer mit dem Namen "Vineta" umbauen. Dabei wurde auch der achtere Schornstein - sowieso ein "Dummy" - entfernt. Im Februar 1915 begab sich die "Vineta" auf eine Probefahrt in die Ostsee. Dabei stelle sich heraus, dass der ungewöhnliche Antrieb aus 3 Propellern, von denen die beiden äusseren von je einer Dreifach-Expansionsmaschine, der innere von einer Abdampfmaschine (Gesamtleistung etwa 16 000 PS) angetrieben wurde, bei Weitem nicht die konzipierte Geschwindigkeit von 17 Knoten erbrachte. Die Marine gab das Schiff darauf hin an die Werft zurück, die es nun als "Cap Polonio" / DEA im geplanten Glanz fertig baute. Die "Hamburg-Süd" legte das Schiff - jetzt wieder mit 3 Schornsteinen - bis Kriegsende in Hamburg auf. 1918 ging es als Reparation an England, fuhr zunächst für die "Union Castle Line" nach Südafrika, dann für P&O nach Indien. Während beider Reisen konnte die Geschwindigkeit 12 Knoten nicht überschreiten, lag oft sogar unter 10 Knoten. Mit dem Vorwurf, die Deutschen hätten die Schiffspläne manipuliert und unleserlich gemacht, wurde die "Cap Polonio" 1920 in England aufgelegt. Die erhobenen Vorwürfe liegen natürlich nahe und hätten, falls sie zutreffen, das Schiff sowohl vor dem absehbaren Ende als deutscher Hilfskreuzer als auch vor einem langjährigen Einsatz in englischen Diensten bewahrt. So konnte die Reederei "Hamburg-Süd" das Prestige-Objekt 1921 für 150 000 US$ zurück kaufen. Nach einer Werftzeit in Hamburg, während der die Feuerung der Maschinenanlage von Kohle auf Öl umgestellt wurde - das Maschinenpersonal konnte danach um rund 100 Personen reduziert werden - und bei der auch die oben beschriebene Funkstation installiert wurde, ging das Schiff in den Südamerikadienst und lief problemlos 18 - 19 Knoten. Die "Cap Polonio" konnte bis zu 1525 Passagiere aufnehmen, wurde 1931 in Hamburg aufgelegt, erhielt am 1. Januar 1934 das Rufzeichen DDCT und wurde 1935 in Bremerhaven abgebrochen.
Bildnachweis:

Bild 1 und Bild 2:  Quelle H.G. Korth / Telefunken  (Mit freundl.Genehmigung des Rechteinhabers DTM, Berlin, 12-Feb-10)
Bild 3: Briefmarke der "Deutsche Bundespost Berlin" (Jugendmarke 1977 / Foto: H. Busch, Berne / Aug 2008 / Hinweis: Mindestens zwei Werte aus Farbe, 
Kontrast, Grösse und Seitenverhältnis entsprechen nicht oder nur annähernd denen des Originals !)

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Version: 22-Dec-01 / Rev.: 04-Sep-09 / 15-Feb-10 / 24-Mar-10 / 15-May-11 / HBu